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Schabe statt Schnitzel

Sind Insekten in unserer Ernährung die Eiweißquelle der Zukunft? Konsumkolumne von Torsten Mertz
Heuschrecke. Foto: Senser Druck

Immer wieder faszinieren mich die raschelnden und zirpenden Insekten und Larven, die die Zooabteilungen der Gartenmärkte feilbieten. Als Futter für Fische und Reptilien freilich. Aber vielleicht bald auch für den Menschen. Die wahren Herrscher der Erde sind Insekten, so heißt es – und so ist es auch. Da muss sich auch der Mensch als vermeintlich überlegene Spezies nichts vormachen.

 

In ihrer schieren Anzahl und ihrer Biomasse sind die Insekten den Säugetieren um ein Vielfaches überlegen. Wenn erst die Meere leergefischt sind, die Futtermittelverschwendung für Rind, Schwein und Huhn nicht mehr tragbar ist, und nicht Jede und Jeder Vegetarier*in werden will, dann bleibt eigentlich nur noch eine Option: Der Insektivorismus, die Entomophagie, die Ernährung mit Insekten.

 

Eiweißquelle der Zukunft

Die Dauer-Trashsendung Dschungelcamp spielt gekonnt mit dem Ekel, der die Europäer beim Anblick von Made, Wurm, Ameise und Spinne packt. Wobei letztere genaugenommen gar kein Insekt ist. Egal: Was wimmelt, schwirrt, glitscht, krabbelt und sticht, mag man sich nur ungern auf der Zunge zergehen lassen. Insekten aus der Tüte kennt man daher eher aus dem Struwwelpeter als vom Wochenmarkt. In anderen Teilen der Welt ist es hingegen selbstverständlich, Insekten zu verzehren. Aus gutem Grund: Sie sind sehr eiweißhaltig, insbesondere die Jugendformen (Larven, Maden), sie sind sehr günstig zu züchten und - das ist ein wichtiges Argument – praktisch ohne in Konkurrenz mit anderen Nahrungsmitteln zu treten. Gut 2,5 Milliarden Menschen in Südasien, Lateinamerika und Afrika essen Heuschrecken, Mehlwürmer, Käfer und andere Insekten. Eine traditionelle Art der Ernährung, die offenbar zunehmend als unmodern gilt. Die Welternährungsorganisation (FAO) hat aus diesem Grund bereits 2010 die Vorteile der Tradition herausgestrichen, sich vor allem aus dem Wald Insekten zu holen: „Die Menschen beißen zurück“, so das Motto. Für die FAO ist klar: die wachsende Weltbevölkerung wird, ohne verstärkt auf Insekten zu setzen, nicht satt werden.

 

Insekten- oder Pflanzeneiweiß

Müssen also auch die Europäer demnächst ihren Speiseplan erweitern? Überraschenderweise wird Insekten in Europa meist mit Ekelgefühlen begegnet, während andere Gliederfüßer wie beispielsweise Hummer, Garnelen, Krebse oder Shrimps als Delikatessen gehandelt werden, wo doch Garnele und Grashüpfer oder Spinne und Krabbe sich optisch kaum unterscheiden. Ob mit dem Verzehr von Insekten ethisch dieselben Bedenken verbunden sein sollten, wie mit dem Verzehr anderer Tiere, wurde noch nicht breit diskutiert. (Schad-)Insekten zu bekämpfen oder auch nur totzuschlagen, dürfte auf jeden Fall sogar Veganern wenige Schuldgefühle bereiten. Sollten diese eigens zum Verzehr gezüchtet werden, dürfte dies wiederum anders aussehen. Letztlich ist aber fraglich, ob man Europäern und Nordamerikanern nicht lieber die vegetarische oder vegane Ernährung vermittelt, als die Entomophagie zu verbreiten.

 

Der Insektenhandel floriert

Für all diejenigen, die es nun gar nicht erwarten können, einen Skorpion zu kauen, eine Grille zu knabbern oder an einem Mehlwurm zu lutschen, gibt es mittlerweile mehrere Versandhändler, unter anderem Wüstengarnele.de. Wer nur mal gucken möchte, wie Mehlwürmer, Grillen und Spinnentiere wimmeln oder regungslos ihrer Beute harren, kann der Kleintierabteilung diverser Gartenfachmärkte einen Besuch abstatten. Wer sich anderweitig mit Insekten beschäftigen möchte, dem sei das Quartett „Ungeziefer“ aus der großartigen Serie „Geißeln der Menschheit“ empfohlen. Ein Spaß für die ganze Familie.

Disclaimer: Der Autor ist und bleibt Vegetarier und hat Insekten bisher nur unabsichtlich verzehrt.

 

 

 

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