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Second Hand

Omas Pelz - wohin damit?

Trotz aller moralischen Bedenken bleiben Pelze ein Milliardengeschäft. Zwar wäre es ein Unding neue Fellmäntel- oder Jacken zu kaufen, aber wohin mit denen, die es schon gibt? Wegwerfen, verkaufen oder doch gar umnähen lassen?
Pelzträgerin. Foto: Cynthia Matuszewski

Bei unserem Umzug kamen einige Pelzjacken zutage, die meine Frau von ihrer Mutter bzw. Großmutter geerbt hatte. Da in unserem Haushalt niemand auf die Idee käme, mit den ollen Tierfellen herumzulaufen, stellte sich die Frage: Soll man die einstmals wertvollen Stücke wegwerfen, verkaufen oder doch gar umnähen lassen? Ist es nicht eine Frage des Respekts, die Felle zu tragen, für die arme Kreaturen eigens gezüchtet oder gejagt – und auf jeden Fall getötet – wurden?

 

Dennoch war mein erster Gedanke, die Pelze wegzuwerfen: Wer einmal Bilder darüber gesehen hat, wie Nerze, Zobel, Füchse, Chinchillas, Iltisse oder Kaninchen in engen, schmutzige Käfigen ihr kurzes Leben fristen und teilweise bei lebendigem Leib gehäutet werden (oder wie Wildtiere in Fallen verenden), der kann Pelzmäntel schlichtweg nicht ohne Ekel betrachten.

 

Pelzzucht noch immer nicht geächtet

Beschämenderweise ist es noch immer legal, Tiere aus so banalen Motiven wie der Mode zu quälen und zu töten: Trotz der mehr oder weniger erfolgreichen Anti-Pelz-Bewegung der 1980er-Jahre steigt der Umsatz der Pelzbranche weiter an. Das mag auch daran liegen, dass Felle gefärbt, geschoren oder gewebt im Massenmarkt auftauchen, etwa als Kragen oder an Ärmeln, wo sie oft wie Kunstpelze wirken. China sei Dank sind Krägen aus Katze und Marderhund offenbar billiger als Kunstfasern. Noch gibt es keine verbindliche Kennzeichnungspflicht für Pelzprodukte. Bewusst falsch als Kunstpelz etikettierter Echtpelz taucht immer wieder im Handel auf. Auch der Preis gibt keinen Aufschluss darüber, ob es sich um Fell oder Faser handelt. Denn echtes Fell, zum Beispiel von Marderhunden aus China, ist manchmal billiger als Kunstpelz. Wie man Fellimitate von Echtfell unterscheidet, zeigt zum Beispiel das Portal „gofeminin“.

 

Die zynische Werbung an einigen Pelzläden, auch gesehen in Augsburg, versucht bei Pelz die Ökokarte zu ziehen, nach dem Motto "Pelz ist Natur und somit besser als Synthetik". Doch einer Studie des unabhängigen niederländischen Forschungs- und Entwicklungs-Instituts CE Delft zufolge haben Echtpelzmäntel eine deutlich schlechtere Umweltbilanz als ein vergleichbarer Kunstfellmantel: Die Zucht der Tiere bis zur Verarbeitung ihrer Felle setzt um die 300 kg CO2 frei, beim Kunstpelzmantel sind es etwa 50 kg CO2 (klar: das Problem von Plastik und Mikroplastik ist hier nicht bewertet). Hinzu kommen bei den Fellen Chemikalien, die die Gewässer verunreinigen.

 

Umsonst gestorben?

Dass neue Pelze zu kaufen für aufgeklärte Menschen ein Unding ist, versteht sich von selbst. Was aber ist mit denen, die alte Pelz tragen? „Kein Unterschied!“ sagen strenge Pelzgegner*innen. Denn auch wenn der Pelz alt ist und lediglich aufgetragen wird, signalisieren Pelzträger*innen, Tierfelle zu tragen sei in Ordnung. Keine Chance ihm oder ihr anzusehen, dass er oder sie dies in kritischem Bewusstsein tut. Helfen würde nur ein Button oder ein Schild mit der Aufschrift „Ich habe diesen Pelz geerbt, finde aber neue Pelze unmöglich“.

 

Vielleicht hilft ein Blick auf den Umgang mit der Wilderei weiter: Illegales Elfenbein etwa wird regelmäßig öffentlichkeitswirksam verbrannt. Was für eine Schande eigentlich, sind die Tiere doch dann umsonst gestorben. Aber das Zeichen ist klar: Es werden keine Gewinne mit unethischen Gütern gemacht, auch wenn man damit vielleicht sinnvolle Projekte finanzieren könnte. Aus dem gleichen Grund verkauft der Zoll ja auch beschlagnahmte Drogen nicht weiter, um damit beispielsweise Entzugsprogramme zu finanzieren.

Überschwemmen wir also den Markt mit alten Nerzen, Persianern und Füchsen und vermiesen wir auf diese Weise den Pelzproduzenten das Geschäft

Aber wird nicht ein Teil der staatlichen Glücksspielerlöse in die Aufklärung gesteckt? Und die Tabaksteuer in die Krankenkassen? Überschwemmen wir also den Markt mit alten Nerzen, Persianern und Füchsen und vermiesen wir auf diese Weise den Pelzproduzenten das Geschäft. Den Erlös lasst uns in ökofair produzierte Baumwollmäntel investieren oder an Organisationen spenden, die Druck auf die Staaten und die Industrie ausüben oder hübsche nackte Models gegen Pelze protestieren lassen. Aber aufgepasst: Wer Pelze von geschützten Tieren besitzt, macht sich beim Verkauf möglicherweise strafbar.

 

Haben Sie auch Gewissensfragen an unseren Konsum-Kolumnisten? Dann schreiben Sie an tmertz@lifeguide-augsburg.de.

 

Der Artikel erschien zuerst am 08.12.2016

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