Umweltbildung

Im Zoo Augsburg zum Artenschützer werden

Der Leiter der zoopädagogischen Abteilung im Zoo, Maximilian Fuchs, erläutert, wie Bildung für Nachhaltige Entwicklung in die Zoopädagogik einfließt.
Kinderprogramm bei den Elefanten im Augsburger Zoo. Bild: Peter Bretscheider

Wer beim Thema Zoo noch an dreiradfahrende Schimpansen und Tierfang-Expeditionen in den Kongo denkt, dem empfehle ich, einmal wieder den Zoo Augsburg zu besuchen: In enger Partnerschaft mit den anderen wissenschaftlich geführten Tiergärten Europas sowie Artenschutzorganisationen weltweit haben wir uns in den vergangenen Jahrzehnten immer stärker von einer reinen Freizeit-, hin zu einer Artenschutzeinrichtung entwickelt. Und dieser Prozess wird auch in den kommenden Jahren die Entwicklung des Zoos Augsburg prägen. Mit der Augsburger Agenda 21 im Kopf bedeutet dies vor allem Verwirklichung der Zukunftsleitlinie Ö3 „Biologische Vielfalt erhalten und entwickeln“. Besonders ist dabei die Vernetzung der lokalen mit der globalen Dimension, oder anders ausgedrückt: Bei einem Besuch des Augsburger Zoos finanzieren Sie als Besucherin oder Besucher über den freiwilligen Artenschutz-Euro Projekte zum Schutz der Elefanten in Malaysia, der Magellanpinguine in Argentinien oder der Hornraben in Südafrika mit.

 

Mehr Ökologie in der Zoopädagogik

 

Doch um Tierarten und die Natur im Allgemeinen zu erhalten sind nicht nur Zoos gefragt, sondern jede und jeder Einzelne. Ich als Leiter der zoopädagogischen Abteilung bin deshalb gefordert, gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen die Bildung für Nachhaltige Entwicklung (kurz BNE) als wichtigste Bildungskampagne des 21. Jahrhunderts im Zoo Augsburg weiterzuentwickeln.

 

Die klassische Zoopädagogik konzentrierte sich bei Führungen und der Gehege-Beschilderung eher auf Fakten zu einzelnen Tierarten: Was frisst das Tier, wie alt wird es, wie sieht sein soziales Umfeld aus etc.? Die moderne Zoopädagogik hebt dagegen den Aspekt Ökologie stärker hervor: Das bedeutet unter anderem, die Wechselwirkungen zwischen Arten zu verdeutlichen. Und das ist deshalb wichtig, weil auch der Mensch unter ökologischen Gesichtspunkten nur eine Art von vielen ist, die nicht unabhängig von ihrer natürlichen Um- und Mitwelt existieren kann. Leider hat keine Art vor uns in derart kurzer Zeit so negativ auf die weltweite Artenvielfalt gewirkt: Pinguine und Robben ersticken am Plastikmüll in den Weltmeeren, Tiger und Schimpansen verlieren ihren Lebensraum durch Abholzung und der durch den Klimawandel ansteigende Meeresspiegel bedroht nicht nur die Menschen auf Fidschi, sondern auch die Fidschi-Leguane. Vor diesen Gefahren sind zumindest unsere Zootiere sicher (auch wenn an dieser Stelle darauf hingewiesen sei, dass Abfälle im Seehundbecken auch für unsere Zoo-Seehunde lebensbedrohlich sein können). Sie bilden nicht nur Reservepopulationen, sollten ihre Artgenossen in der Natur aussterben. Die Zootiere sind auch Botschafter dafür, was wir Menschen mit der Natur und unseren Mitlebewesen anstellen.

 

BNE bezieht soziale, wirtschaftliche und kulturelle Aspekte mit ein

 

Im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung reicht der Blick auf die Ökologie allein jedoch nicht: Auch soziale, wirtschaftliche und kulturelle Aspekte müssen eingebunden werden. Erst dadurch wird ersichtlich, dass Menschen in Mosambik die letzten Nashörner nicht zum Vergnügen jagen, dass Menschen in Indonesien den tropischen Regenwald nicht zum Spaß abholzen und dass Menschen in Deutschland keine Plastikabfälle produzieren, weil sie Pinguine und Robben hassen. Erst wenn die Schädigung der Natur durch die Menschen ernsthaft hinterfragt wird, kommen wir zu der entscheidenden Frage: „Was können wir als Menschen alleine, als Gruppe, Gemeinde, Nation oder Weltgemeinschaft besser machen?“ Die Hauptbotschaft der modernen Zoopädagogik ist also zweigeteilt: Kein anderes Lebewesen bedroht die Artenvielfalt so sehr, wie der Mensch – aber kein anderes Lebewesen als der Mensch hat überhaupt die Chance, die Artenvielfalt zu bewahren.

 

Neue Bildungsangebote werden entstehen

 

Nach dieser theoretischen Hinführung zur Zoopädagogik unter BNE-Gesichtspunkten möchte ich nun noch einige Aktionen und Programme vorstellen, die wir bereits durchführen oder für die Zukunft planen. Unsere bisher meistgenutzten Angebote sind Zoo-Führungen für alle möglichen Gruppen von Besuchern: Kindergeburtstage, Schulführungen, Führungen für Kommunionsgruppen, Betriebsausflüge und viele mehr. Tiere faszinieren die Menschen einfach und viele Besucherinnen und Besucher haben das Bedürfnis, im Rahmen einer Führung mehr über sie zu erfahren, Geschichten über ihre Haltung im Zoo zu hören und einmal Pinguinfedern, Giraffenhaare oder Schlangenhaut anzufassen. Schon dadurch – das haben Studien belegt – werden Menschen empfänglicher für Artenschutz- und Nachhaltigkeitsthemen. Deshalb zu sagen, dass Erdmännchen und Kapuzineraffen die besseren Lehrer sind würde vielleicht zu weit gehen, aber lebende Tiere vereinfachen auf jeden Fall den Zugang zu Nachhaltigkeitsthemen. Insbesondere für Schulklassen wollen wir in den nächsten Monaten unser Angebot erweitern, spielt doch BNE auch an bayerischen Schulen eine immer wichtigere Rolle. Denkbar sind hierbei neben den typischerweise 1,5-stündigen Führungen auch längere Unterrichtseinheiten, bei denen sich die Klasse einmal tiefergehend mit einer einzelnen Tierart, ihrer Bedrohung und Schutzmaßnahmen auseinandersetzt.

 

Viele andere Zoos bieten schon seit Langem verschiedene Ferienprogramme für Kinder an. Bei einem halbtägigen Workshop oder sogar einer ganzen Ferienwoche kann man den Zoo und seine Bewohner natürlich ganz anders kennenlernen als bei einem Besuch mit der Familie oder der Schulklasse. Mit weniger Zeit- und Leistungsdruck und dafür mehr Freiräumen, um Fragen zu stellen, zu forschen und zu gestalten können Kinder hierbei selbst zu Arten- und Naturschützern werden. Im Idealfall werden mit der im Zoo entfachten Begeisterung dann zuhause die Eltern, Freunde und Geschwister angesteckt. Der erste Workshop im Zoo Augsburg nach längerer Corona-Pause hieß „Artenvielfalt geht uns alle an!“ und fand am 3. Oktober 2023 statt. Er war schon nach kurzer Zeit ausgebucht, was uns darin bestärkt, zukünftig weitere Ferienprogramme zu veranstalten.

 

Ausstellungen im Infomobil

 

Doch nicht nur mit vorab zu buchenden Angeboten wollen wir die Menschen erreichen: Bei verschiedenen Aktionstagen wie dem Tag der Artenvielfalt, dem Tag des Feuersalamanders oder auch einfach an besonders schönen Tagen von Frühling bis Herbst bauen wir unser Infomobil auf und präsentieren den Besucherinnen und Besuchern Informationen und besondere Exponate wie einen Elefantenschädel. Darüber hinaus konnten wir 2023 die Ausstellung „Pfoten weg von tierischen Souvenirs“ zum illegalen Wildtierhandel in unserem Umweltbildungszentrum im Elefantenhaus veranstalten, welche bei den Besucherinnen und Besuchern auf sehr positive Resonanz stieß.

 

Dies waren einige Beispiele für Bildungsangebote im Zoo Augsburg. Aber die Weiterentwicklung der Zoopädagogik ist ein stetiger Prozess, genauso wie die Entwicklung der Lokalen Agenda 21. Da nachhaltige Entwicklung nur über Kooperationen gelingen kann, lade ich Sie ein, sich mit Ideen für zukünftige Bildungsprojekte im Zoo Augsburg mit uns über zooschule@zoo-augsburg.de in Verbindung zu setzen. Auch Zoobegleiter und -begleiterinnen, welche Führungen im Zoo durchführen, suchen wir immer wieder. Unterstützt von unseren Zootieren können und müssen wir Menschen dem Artensterben entgegenwirken!

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in Stadt mit A 58, Augsburgs Agendazeitung.

 

Autor: Maximillian Fuchs

 

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