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Rechner für Menschen aus der Ukraine

Mit dem Upcycling von ausrangierten Computern zeigt Makarius Wenzel vom Bürger*innennetz Augsburg.One wie man ältere Geräte aufbereiten kann und dafür dankbare Abnehmer*innen findet.
Die Experten von augsburg.one bei der Einrichtung von Rechner für geflüchtete Kinder.

Upcycling von alten Rechnern

Text von Dr. Makarius Wenzel, Fachforum Augsburg.One 

 

Bei Augsburg.One beschäftigen wir uns mit vielfältigen Aspekten der postmodernen Gesellschaft und ihrer digitalen Altlasten. Von Dezember 2021 bis März 2023 haben wir mehrfach alte Rechner eingesammelt, neu hergerichtet und an Menschen aus der Ukraine weitergegeben – in Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung Augsburg und dem SKM Augsburg

 

Dabei wurden gleich mehrere Probleme auf einmal bearbeitet: 


1. Halden alter Hardware in Schulen und Unternehmen wurden abgebaut, ohne Zusatzkosten für die Entsorgung.


2. Wir lernten etwas über zweckmäßige Erneuerung von Hard- und Software.

3. Menschen aus der Ukraine konnten besser den virtuellen Kontakt zu ihrer alten Heimat halten (z.B. für Schule, Ausbildung, Hobby). 


Rechner auf Halde: Wie vermeidet man geplante Obsoleszenz?

Werbestrategen lassen sich immer neue Sprüche einfallen, um den Verbraucher*innen zu suggerieren, alles müsse stets nach der neuesten Mode gehen oder „modern“ sein. Ingenieure helfen dem noch etwas nach und konstruieren Produkte so, dass nach ein paar Jahren nichts mehr geht.

Gerade bei digitalen Endgeräten mit der komplexen Kombination aus Hardware und Software wird dies oft als unvermeidbare Realität akzeptiert: Neue Versionen des Betriebssystems lassen die alte Hardware schlecht aussehen, irgendwann gibt es dann keine Updates mehr und man muss aus Gründen der Software-Sicherheit das Gerät entsorgen. Aber muss das wirklich so sein?

 

Dieses Phänomen ist unter der Bezeichnung „geplante Obsoleszenz“ in den Wirtschaftswissenschaften durchaus bekannt. Dahinter stehen gewisse Zwänge des globalen Geld- und Wirtschaftssystems, wie sie etwa in den Büchern und Vorträgen von Prof. Christian Kreiß erläutert werden, der 2019 das Buch „Das Mephisto-Prinzip unserer Wirtschaft“ herausgegeben hat. 


So benötigt dieser Planet dringend ein neues Betriebssystem, aber an so ein ambitioniertes Projekt tasten wir uns besser in bescheidenem Umfang heran und sammeln praktische Erfahrung vor Ort in Augsburg. Konkret geht es uns um die Wiederaufarbeitung alter Computer-Hardware, also klassische Laptops und Desktops und keine Tablets oder Smartphones.

 

Upcycling ist möglich 

Legen wir einmal die Konditionierung als marktgerechte Konsument*innen beiseite und fragen uns unvoreingenommen: Warum kann ich einen Computer nach fünf, zehn oder gar 15 Jahren nicht mehr verwenden? Man denke etwa an die klassischen Aluminium-iMacs von 2007 oder einstmals teure Business-Laptops wie Dell Latitude oder Lenovo Thinkpad von 2014. 

 

Die Antwort hängt auch von dem Zielpublikum ab: Hier sind dies Menschen aus der Ukraine, welche im teuren Deutschland mit wenigen Mitteln auskommen müssen. Auch vor dem Krieg waren sie es gewohnt, mit weniger „Konsumgütern“ selber zurecht zu kommen und gemeinsam etwas zu improvisieren.

 

Das sind gute Startbedingungen für ein Upcyclingprojekt mit minimalem Budget. Dazu haben wir nicht mehr benutze Rechner kostenfrei eingesammelt und weniger als 40 Euro pro Stück für die Wiederaufarbeitung investiert: SSD-Massenspeicher, manchmal RAM-Module, selten ein neues Netzteil. Zum Vergleich: Ein neuer Linux-Laptop mit guter Ausstattung kostet 400 Euro; ein aktuelles Topmodell von Apple in der Reihe MacBook Pro kostet 4.000. 

 

Schrauben macht Spaß

Die genannten Materialkosten trugen Spender, insbesondere die Bürgerstiftung Augsburg. Unsere Arbeitskosten wurden nirgends verbucht: Wir sehen das als eine Mischung aus persönlicher Weiterbildung und beschaulicher Entspannung beim Hardware- und Software-Basteln. Gerade bei den Designergeräten von Apple kann man etliche Stunden mit dem Studium von Bastelanleitungen im Internet zubringen: Hier gibt es fast schon eine Subkultur von Kennern alter Kultgeräte.

 

Als Betriebssystem haben wir für alle Rechnertypen Ubuntu Linux 22.04 verwendet: Dafür entstehen keine Lizenzkosten und wichtige Standardprogramme aus dem Open-Source-Bereich sind bereits enthalten (Firefox, Chromium, Libre Office, GIMP-Bildbearbeitung und viele mehr.). Gerade für Apple-Rechner war Linux entscheidend, denn das reguläre macOS verweigert schon nach wenigen Jahren den Betrieb auf alter Hardware. Bei alten Windows- Systemen wäre statt Linux oft auch Windows 10 möglich gewesen, aber wir sahen keinen Grund für dessen Mehrkosten und die Mehrarbeit bei Installation der gängigen Open-Source-Anwendungen.

 


Info und Kontakt


Wer bei ähnlichen oder auch ganz anderen Explorationen jenseits der globalen IT-Maschine mitmachen möchte, kann über https://augsburg.one und per E-Mail an info@augsburg.one Kontakt aufnehmen. „Social Media“ brauchen wir nicht: Stattdessen treffen wir uns real in einem schönen Café oder Biergarten
– meistens am 2. Dienstag des Monats um 19 Uhr. 

 

Mehr lesen:

Augsburg.one: Digitale Nachhaltigkeit und Selbstbestimmung 

Nachhaltig Online: Der Verbraucherservice Bayern (VSB) bietet mit einem Online-Quiz einen guten Einstieg in das Thema.

OpenLab Augsburg: Raum für die Umsetzung von Ideen und das Weitergeben von Wissen und Austausch zwischen den verschiedenen Technik- und Bastler-Gruppen.

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