Urban Gardening

Insektenvielfalt im Garten und auf dem Balkon

Die Insektenrangerin Tine Klink vom Umweltbildungszentrum Augsburg verrät euch ihre Tipps und Tricks für naturnahes Grün.
Erdhummel, Insekten, Foto: Arn Matuszewski

Ihr möchtet euren Garten oder Balkon insektenfreundlich anlegen oder entsprechend umgestalten? Oder die Grünanlage rund um euer Mehrfamilienhaus könnte ein klimafreundliches Update gebrauchen? Die Insektenrangerin Tine Klink berät euch gern und kommt kostenlos zu euch nach Hause. Zum Start ins Gartenjahr verrät sie uns hier ihre wichtigsten Tipps:

 

Tine Klinks Gartentipps

In einem naturnahen Garten finden Menschen, Tiere und Pflanzen ihren Platz. Neben dem praktischen Nutzen durch Gemüse, Obst und Kräuter dient ein solcher Garten der Erholung durch Entspannung, Spiel und Bewegung. Gleichzeitig stehen dort wildlebenden Tiere Nahrung, Unterschlupf, Nistmöglichkeiten und Überwinterungsplätze zur Verfügung.

„Für den Weg zu einem naturnahen Paradies für Insekten und andere Tiere spielen vier Schlüsselfaktoren eine entscheidende Rolle. 1. Große Pflanzenvielfalt, 2. Strukturreichtum, 3. Totholz und 4. Optimale Standortbedingungen.“

Tine Klink, Insektenrangerin aus Augsburg

Große Pflanzenvielfalt

Erfreut euch an Blumen und Stauden mit offenen Blüten! Insekten kommen bei gefüllten Blüten nicht an Nektar und Pollen. Dahlien, Pfingstrosen und Rosen gibt es auch mit offenen oder halboffenen Blütenkelchen.

Pflanzen mit reichem Samenansatz wie Disteln oder Karden nützen im Herbst und Winter der heimischen Vogelwelt. Für Igel und Insekten wie das Glühwürmchen eignen sich Gewächse mit einer dichten Belaubung.

 

Das Gute liegt so nah…

Setzt auf robuste, heimische Wildpflanzen. Unter den etwa 3.500 Arten mehrjähriger Stauden, Sommerblumen und Kräuter finden sich zahlreiche nektar- und pollenreiche Pflanzen, an die unsere Insektenwelt angepasst ist.

Nicht auf jeder Fläche wächst alles gleich gut. Achtet bei der Auswahl der insektenfreundlichen Gewächse auf die Bedürfnisse der Pflanzen (Licht, Boden, Wasser), damit ihr und die Tierwelt lange Freude daran haben.

 

Golfplatz oder Blühwiese?

Auf einer normalen Rasenfläche wachsen viele Wildblumen, die gut für die einheimische Insektenwelt sind: Gänseblümchen, Günsel, Braunelle, Klee, Schafgarbe, Wegerich, Gundermann, Habichtskraut oder Ehrenpreis. Optimal ist es, die Blühwiese ein- bis zweimal im Jahr (Mitte Juni und September/Oktober), am besten mit der Sense, zu mähen. Haltet nur die Laufwege kurz. So wird der Boden nährstoffärmer und verschiedene Wildblumen können sich besser halten. In einem Hausgarten ist es nicht nötig, gesunden Humus abzutragen, um abgemagerte Erde einzubringen und eine Wildblumenmischung zu säen.

„Rasenroboter und Motorsensen sollten tabu sein, denn sie sind eine tödliche Gefahr für Igel und andere Kleinlebewesen.“

Tine Klink, Insektenrangerin aus Augsburg

Vielfalt statt Einfalt

Auf der Website des Umweltbildungszentrums findet ihr Pflanzlisten mit einer reichen Auswahl an Nahrungspflanzen für das ganze Jahr. Achtet vor allem im Hochsommer nach der Lindenblüte auf genügend Blütenreichtum, um genug Nahrung für Wild- und Honigbienen zu bieten.

Lasst in euren Beeten auch mal Wildkräuter stehen. Gerade im Frühjahr können Hummeln und Bienen die vermeintlichen Unkräuter gut nutzen. Pflanzt viele Schneeglöckchen, Schlüsselblumen, Krokusse und Tulpen, die optisch nicht nur für Insekten bezaubernd wirken.

 

Alles Öko oder was?

Die Pflanzen besorgt ihr euch am besten im regionalen Ökohandel. So könnt ihr sicher sein, dass ihr die Insekten ohne Pestizidrückstände beglücken können. Bei der Selbstansaat achtet auf samenfestes Saatgut, welches ihr selbst vermehren können oder das sich im Garten selbst ausbreitet.

„Ein Tipp: Fragt in Kleingartenanlagen oder bei den Nachbarn, ob Stauden oder Pflanzensamen übrig sind.“

Tine Klink, Insektenrangerin aus Augsburg

Strukturreichtum durch lebendige Begrenzungen

Holzzäune aus regionalem, unbehandeltem Holz sind nachhaltiger als Maschendraht. Das Holz wird gerne von Insekten genutzt, vor allem an den sonnigen Stellen. Denkt daran, ausreichend Durchschlupfmöglichkeiten für Igel und andere Lebewesen zu belassen.

 

Gewinnbringende Alternativen zur eintönigen Thujahecke sind heimische Laubsträucher. Weißdorn, Holunder, Haselnuss, Hundsrose oder Kornelkirsche bieten nicht nur Nahrung, Schutz und Lebensraum für verschiedene Tiere, auch ihr könnt die Früchte nutzen.

 

Trockenmauern sind ebenfalls fantastische Gestaltungselemente, um die Artenvielfalt im eigenen Garten zu fördern.Ihr könnt zur Sicherung einer Böschung, als Einfriedung der Terrasse oder als Begrenzung zum Nachbargarten dienen. Dabei werden Natursteine aus der Region zu einer mörtelfreien Mauer aufgeschichtet. Hohlräume in der Mauer sind perfekt für Eidechsen und Käfer, vereinzelt kann für bestimmte Wildbienenarten mit Sand verfugt werden. Ideal ist es, die Trockenmauer mit wärmeliebenden Stauden zu bepflanzen.

 

Weniger ist mehr

„Für einen strukturreichen Garten, der gerne von Insekten und anderen Kleinlebewesen bevölkert wird, dürft ihr gerne auch mal faul sein.“

Tine Klink, Insektenrangerin aus Augsburg

Wenn der Staudenrückschnitt erst im späten Frühjahr erfolgt, können Insekten in den Stängeln überwintern und euer Garten bietet im Winter optisch reizvolle Perspektiven. Gerade mehrjährige Arten bereiten euch weniger Arbeit, das Schnittgut könnt ihr als Mulch verwenden oder den Kompost damit bereichern.

Im Herbst freuen sich Igel, Kröten und Marienkäfer über Laubhäufen, die nicht in der braunen Tonne entsorgt werden. Wenn ihr zu viel Laub habt, könnt ihr eure Beete damit mulchen, die Regenwürmer leisten über den Winter perfekte Kompostierungsarbeit.

 

Unordnung ist das ganze Leben

Bietet euren Tieren verschiedene natürliche Habitate an: kiesige, sandige, lehmige Flächen, ein wildes Eck, in das nicht eingegriffen wird. Erlaubt Pflanzenwuchs in Fugen und lasst Fallobst liegen. Gestaltet Wege, Plätze, Treppen so, dass Wasser versickern kann, sich trittfeste Kräuter ausbreiten können und Insekten einen geschützten Lebensraum
im Boden vorfinden.

 

Ein Herz für Untermieter

„Bietet Untermietern sichere Unterkünfte an. Für Vogelkästen empfehle ich die Bauanleitungen des Landesvogelschutzbundes."

Tine Klink, Insektenrangerin aus Augsburg

Totholz - zum Beispiel unter einer Hecke

Der jährliche Heckenschnitt bietet eine wunderbare Grundlage für einen Totholzhaufen oder eine Benjeshecke. Ihr könnt auch Sturmholz und Wurzelstöcke darin unterbringen. Durch die Anlage eines Totholzhaufens bietet ihr auf einen Schlag vielen verschiedenen Tierarten einen wunderbaren Lebensraum: Zaunkönige, Rotkehlchen, Erdkröten, Hasel- und Spitzmäuse, Eidechsen, Blindschleichen, Ringelnattern, Molche, Spinnen, Florfliegen, Wildbienen, Zitronenfalter und unzählige Käferarten finden hier Nahrung, einen Platz für Nachwuchs und zur Überwinterung.

 

Voll das Leben

Stehendes Totholz, also absterbende oder abgestorbene Bäume, die noch standfest sind, hat einen noch höheren ökologischen Nutzen für die Artenvielfalt. In diesen extrem wertvollen Lebensräumen findet sich Platz für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Käfer, Fledermäuse, Siebenschläfer, Eichhörnchen, viele verschiedene Vogelarten, aber auch Flechten, Moose und Pilze sind auf diesen besonderen Lebensraum angewiesen.

„Lasst euren alten Apfelbaum stehen, auch wenn er keine genießbaren Früchte mehr trägt. Er bietet vielen bedrohten Tier- und Pflanzenarten ein Heim.“

Tine Klink, Insektenrangerin aus Augsburg

Optimale Standortbedingungen durch warmes Mikroklima

Viele Insekten mögen es warm. Südseitig gelegene Flächen mit offenen Bodenstellen sind perfekt für bodenlebende Insekten, die dort gut ihren Nachwuchs aufziehen können. Die Flächen sollen offen bleiben und nicht zuwachsen und den Großteil des Tages in der vollen
Sonne liegen.

 

Gesunder Garten

Schützt euren Boden und die darin lebenden Organismen, indem ihr auf Mineraldünger verzichtet.

„Probiert organischen Dünger wie Kompost, Schafwollpellets vom lokalen Wanderschäfer oder selbst angesetzte Kräuterjauchen, die ihr ausschließlich
in den Nutzbeeten anwenden solltet.“

Tine Klink, Insektenrangerin aus Augsburg

Der Natur zuliebe solltet ihr keine Pestizide und ausschließlich torffreie Erde nutzen.

 

Glücklich, wer im Dunkel bleibt

Lichtverschmutzung trägt stark zum Insektensterben bei. Nachtaktive Insekten umflattern die Lichtquellen, verbrennen dabei oder sterben an Erschöpfung. Auch Wirbeltiere werden von der unnatürlichen Helligkeit irritiert und in ihrem Lebensrhythmus gestört. Vermeidet künstliche Lichtquellen im Garten, schließt die Fensterläden und lasst es nachts so dunkel wie möglich sein. Wo Beleuchtung aus Sicherheitsgründen nötig ist, sollten warm strahlende LED-Leuchten eingesetzt werden, die so schwach wie möglich nur nach unten strahlen.

 

Kostbares Nass

Nutzt das kostenlose Wasser von oben – füllt Fässer und Zisternen mit Regenwasser, lasst Niederschläge im Boden versickern, anstatt ihn über versiegelte Flächen in die Kanalisation zu leiten. Ein kleiner Teich mit wenigen Quadratmetern Fläche und flachem Ufer bietet zahlreichen nützlichen Insekten und anderen Tieren Lebensraum. Libellen können ihren Nachwuchs dort ablegen, Honigbienen, Vögel und Igel ihren Durst stillen, Frösche, Gelbrandkäfer und Wasserläufer werden sich einfinden. Oder habt ihr eine ständig feuchte Stelle im Garten? Nutzt sie doch für ein Sumpfbeet.

 

Wir danken der Insektenrangerin Tine Klink herzlich für diese Tipps, die ihr auch in der  Broschüre ‚Insekten. Vielfalt. Augsburg.‘ von der Umweltstation Augsburg findet. Vielen Dank auch an das Umweltbildungszentrum Augsburg für die Genehmigung, ihre Tipps veröffentlichen zu dürfen!  

 

 

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