Gemeinsam eine zukunftsfähige Stadt bauen
Gemeinsamer Nachhaltigkeitsprozess
Nachhaltige Entwicklung ist eine so große Aufgabe, dass wir sie nur gemeinsam schaffen können. In Augsburg arbeiten seit 1996 Menschen in einem gemeinsamen Nachhaltigkeitsprozess zusammen: der „Lokalen Agenda 21 - für ein zukunftsfähiges Augsburg“: Bürgerinnen und Bürger, Initiativen, Institutionen, Unternehmen, Wissenschaft, Stadtrat und Stadtverwaltung. Was bildet die Grundlage dafür?
Grundhaltung Kooperative Stadt
Alle sind und machen Stadt. Gemeinsames Ziel ist eine gute Zukunft – lokal wie global, für alles Lebendige. Dafür übernehmen möglichst viele Bewohnerinnen und Bewohner Verantwortung und bringen sich mit ihren unterschiedlichen Rollen und Möglichkeiten ein. Dazu tauschen sie sich aus und arbeiten gemeinsam. Die Zusammenarbeit erfolgt auf Augenhöhe. Kooperation beruht auf Gegenseitigkeit und gegenseitiger Wertschätzung. Kooperation braucht gegenseitige respektvolle Wahrnehmung und sachorientierte Debatte. Das müssen alle wollen und versuchen, auch wenn es noch nicht immer und überall gelingt.
Kooperationsbereitschaft wertschätzen
Kooperation widerspricht üblichen Handlungsmustern, die auf persönliche Vorteile aus sind. Schwierig ist auch, wenn Kooperationsbereitschaft auf Machtstrukturen trifft. Mächtigere dürfen kooperationsbereite Menschen weder ausnutzen noch ignorieren. Die Kooperativen müssen sich manchmal schützen, um nicht „die Dummen“ zu sein. Und: Kooperation tut sich schwer mit Unkooperativen.
Ein Bild für kooperative Stadt
Wir brauchen ein Bild für kooperative Stadt, denn Bilder sprechen direkt an und aus. Wir sind viele und verschieden. Diese Vielfalt ist Buntheit. Und Begegnung ist Bewegung und Energie. Unsere Stadt braucht Offenheit und konstruktive Ergebnisse. Zwischenergebnisse bzw. Ziele oder auch Hintergründe sind in den gemeinsam erarbeiteten und vom Stadtrat beschlossenen Augsburger Zukunftsleitlinien festgehalten – aufgegliedert in den vier Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologie, Soziales, Wirtschaft und Kultur. Jede dieser Dimensionen hat im Augsburger Nachhaltigkeitsprozess eine Farbe. Diese verschiedenen Herkünfte und Interessensbereiche machen die Farbigkeit des Bildes aus. Das Endergebnis ist noch offen.
Umsetzung von Kooperation
Ein konkreter Versuch für ein kooperatives Miteinander ist der Augsburger Nachhaltigkeitsprozess – die Lokale Agenda 21 für ein zukunftsfähiges Augsburg mit seiner Geschäftsstelle, dem Büro für Nachhaltigkeit in der Stadtverwaltung Augsburg: Die Agendaforen – die Arbeitsgruppen der Lokalen Agenda 21 – stehen allen Interessierten offen. Die Finanzmittelverteilung für die Projektarbeit wird gemeinsam beraten. Im öffentlichen monatlichen Agendateam, dem Treffen der Agendaforenvertretungen, werden wichtige Entwicklungsschritte des Nachhaltigkeitsprozesses gemeinsam beraten.
Die Zukunftsleitlinien wurden von allen interessierten Akteurinnen und Akteuren der Stadtgesellschaft erarbeitet, im Nachhaltigkeitsbeirat beraten und vom Stadtrat beschlossen. Gemeinsam erfolgt alle sechs Jahre eine Überarbeitung. Im Nachhaltigkeitsbeirat arbeiten wichtige Institutionen der Stadtgesellschaft mit; sie werden vom Stadtrat jeweils für 3 Jahre berufen.
Plattformen für Kooperationen
Eine kooperative Stadt braucht möglichst viele Plattformen für Kooperationen, zu konkreten Übernahmen von Verantwortung. Plattformen können von unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren zur Verfügung gestellt bzw. betrieben werden. Das kann ein Nachhaltigkeitsportal im Internet wie der Lifeguide Augsburg sein, ein Freiwilligenzentrum, ein Handlungs- und Diskursraum des Zusammenlebens wie das Grand Hotel Cosmopolis, eine digitale Plattform wie augsburg.one, Stadtteilentwicklungsprozesse, vielfältig und gemeinsam kuratierte Kulturveranstaltungen wie zum Augsburger Friedensfest, ein Begabungstag, eine Bürgerstiftung, ein Fachforum Verkehr, ein Integrations- oder ein Senior*innenbeirat, Ausstellungsprojekte wie Augsburg 2040, eine Armutskonferenz, ein Arbeitskreis Urbane Gärten, Foodsharing, eine Radlwoche, eine Kampagne „Wir alle sind Augsburg“… – es kommt auf das zugrundeliegende kooperative Selbstverständnis und die entsprechende Arbeitsweise an.
Herausforderung der Kooperation
Für alle Akteurinnen und Akteure ist Kooperation eine Herausforderung. Für Stadtverwaltung ist das Leitbild „kooperative Stadt“ eine Herausforderung und eine große Chance. Denn Verwaltung ist Behörde – sorgt als für Gesetzmäßigkeit und Gleichbehandlung. Und sie ist Dienstleisterin für ihre Bürgerinnen und Bürger. Doch das reicht nicht mehr – sie muss zusätzlich auch Kooperationspartnerin sein. Dabei gewinnt sie viel: inhaltliche Fortschritte – dank vieler Mittuender und Umsetzungen und Taten – und Anerkennung. Verwaltung im Bild und Selbstverständnis einer kooperativen Stadt ist zugänglich, transparent, engagiert, kompetent und agiert partnerschaftlich. Sie teilt ihr Knowhow und sammelt das Knowhow der anderen Akteure ein, organisiert dazu Dialoge und Aushandlungsprozesse, beteiligt andere und sich und trifft Entscheidungen, die ihr die Politik überlassen hat, gemeinsam mit den engagierten und betroffenen Akteuren.
Auch für die anderen Akteure in der Stadtgesellschaft ist Kooperation eine Herausforderung: Für Politik, weil Kooperation schwierig zu vereinbaren ist mit der für Wahlen notwendigen Profilbildung. Denn Wählen bedeutet Unterscheiden. Und auch Initiativen und Unternehmen suchen Profil, manchmal Alleinstellung, weil Menschen und Kund*innen sich entscheiden, wo sie sich engagieren oder wo sie etwas kaufen.
Nicht immer wird Kooperation ausreichen und gelingen. Nicht immer wird Übereinstimmung – ein Konsent im Sinne der Soziokratie – erzielt werden können. Die Suche nach den besten Lösungen schließt Streit nicht aus. Und nicht Bürgerbegehren und –entscheide. Erst recht nicht Mehrheitsentscheidungen, falls kein Konsens möglich ist. Zusammen Stadt zu sein, sich begegnen, braucht Anstrengung, Offenheit, Diskussion.
Einleuchtend und lohnenswert
Das Leitbild Kooperative Stadt ist einleuchtend. Dieses Selbstverständnis hat es uns in Augsburg ermöglicht, soweit zu kommen, wie wir bisher sind. Und es ermöglicht uns, wenn es von noch viel mehr Menschen – Politikern und Politikerinnen, Verwaltungsmitarbeitenden, Bewohnerinnen und Bewohnern, Wirtschaftsakteurinnen und -akteuren – ernstgenommen und gelebt wird, noch viel weiterzukommen.
Kooperieren ermöglicht es, von und miteinander zu lernen und Verständnis füreinander zu entwickeln. Auch Seitenwechsel sind so viel leichter möglich – heute Teil einer Initiative, morgen im Stadtrat. Und zurück. Unternehmerin sein und gleichzeitig Bürgerin…
Ohne Kooperation werden wir die Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung nicht schaffen. Deshalb ist „Kooperative Stadt“ Leitbild und Grundhaltung des Augsburger Nachhaltigkeitsprozesses. Dass sich das lohnt, zeigen u.a. die bisher 28 Jahre Augsburger Nachhaltigkeitsprozess.