Augsburger Huhn - ein bayrischer Exot
Das Augsburger Huhn ist die einzige einheimische Hühnerrasse Bayerns. Leider legen die Hennen nicht "genügend" Eier und die Hähne sind nicht die besten Futterverwerter. Daher ist die Rasse stark vom Aussterben bedroht. Wir haben die hübsche Gundel, eine der wenigen in unserer Region lebenden Augsburgerinnen, zum Interview getroffen.
Das Augsburger Huhn wurde Mitte des 19. Jahrhunderts als Zweinutzungshuhn gezüchtet. Das heißt, wie damals üblich legten die Hühner Eier und die Hähne wurden als Fleischlieferanten aufgezogen. Die männlichen Küken zu töten, war damals noch unüblich. Ende des 19. Jahrhunderts schrieb Jean Bungartz in seinem Hühnerrassen-Buch: „Die Vorzüge, welche man diesem Kreuzungsprodukt nachrühmt, sind: im Eierlegen gleichwertig mit dem Italienerhuhn, in Fleischproduktion den französischen Rassen nicht nachstehend und das Fleisch selbst von gutem, saftigem Geschmack“. Die Rasse gilt als robust und gut an die klimatischen Bedingungen der schwäbisch-bayerischen Hochebene angepasst.
Bis in die 1960er Jahre war das Augsburger Huhn beliebt und weit über sein Ursprungsgebiet hinaus verbreitet. Bei der Legeleistung und der Futterverwertung kann das Augsburger allerdings mit konventionellen Masthühnern nicht konkurrieren. Deshalb gilt die Rasse heute als sehr gefährdet - der Bestand wird auf wenige hundert Tiere geschätzt. Slow Food Deutschland hat das Augsburger Huhn daher als Passagier an Bord der „Arche des guten Geschmacks“ genommen.
Name: Gundel
Alter: 14 Monate
Beruf: Legehenne
Geboren in: Augsburg
Lebt in: Augsburg
Beschreibe bitte jemandem, der Dich noch nie gesehen hat, Dein Äußeres:
Blau-schwarz gefiedert, dunkle Augen, weiße Ohrenklappe und ein rotes, glattes Gesicht. Was meine Rasse auszeichnet, ist der Becherkamm unserer Männer, den wir gerne auch Kronenkamm nennen.
Dein Lieblingsspruch aus Augsburg:
„Fang mich doch, du Eierloch“. Das haben wir schon als Küken so gerne gerufen.
Eure Rasse ist fast ausgestorben. Wer kümmert sich heute um Euch?
In Augsburg gibt es einige wenige Züchter, die sich um unseren Fortbestand kümmern. Zudem genießen wir als Passagiere der Slow-Food-Arche besondere Aufmerksamkeit: Auf dieser „Arche des Geschmacks“ werden traditionelle, regionale Lebensmittel, Nutztierarten und Kulturpflanzen aufgenommen, um sie vor dem Vergessen zu bewahren und zu erhalten.
Wir sind bei Dir eingeladen. Was gibt es zu essen?
Wir essen immer traditionell und saisonal – Importiertes kommt nicht auf den Tisch! Also feines Getreide, junges Gras – und wenn Gäste kommen, gibt es natürlich auch Würmer, Käfer, Schnecken und Insekten.
Du bekommst Besuch von auswärts. Welche Orte in Augsburg zeigst Du Deinen Gästen?
Da ist zum einen der Hollerhof in Göggingen, hier leben einige Artgenossen von mir und man kann Augsburger Eier kaufen. Und die Cityfarm hat auch hin und wieder ein paar prächtige Chicks. Und dann gehe ich noch gerne Bootfahren auf der Kahnfahrt.
Wer war zuerst da, Henne oder Ei?
Dass Ihr Journalisten immer auf den alten Kamellen rumkauen müsst: Wir Hühner fragen ja auch nicht, woher der erste Mensch kam. Denn der müsste ja ohne Vater oder Mutter geboren worden sein...
Was sollte niemand von Dir wissen?
(gackert) Was ich nachts hinterm Hühnerhaus so mache.
Wer ist Dein Held?
Julius Meyer, er hat meine Vorfahren 1870 in Augsburg aus der französischen Rasse La Fleche mit schwarzläufigen italienischen Lamotta-Hühnern gekreuzt. Ach, und natürlich Anton Schneider aus Friedberg. Er ist Vorsitzender des Sondervereins Augsburger Huhn – und ganz aktiv an unserer Erhaltung beteiligt.
Hochleistungshühner legen bis zu 320 Eier im Jahr – das ist fast ein Ei pro Tag. Wie viele Eier schaffen Augsburger Hennen pro Jahr?
Augsburger Hennen schaffen bis zu 180 Stück. Das ist eine ganze Menge, finde ich. Kein Grund jedenfalls, sich von unserem Volk abzuwenden. Ihr Menschen arbeitet hier in Bayern im Schnitt ja auch nur 213 Tage im Jahr. Das bedeutet, dass wir fast jeden Arbeitstag ein Ei für Euch erzeugen.
Respekt! Und die Männer? Was haben die zu bieten?
Mir sind die Kerle etwas zu aufdringlich und zu laut. Aber das interessiert Euch ja sicher nicht. Also unsere Bauern sagen, dass das etwas dunklerer Fleisch unserer Freilandmänner vom Geschmack her an Wildgeflügel erinnert.
Darf ich die etwas pikante Frage stellen, wo Euer Fleisch denn erhältlich ist?
Also aktuell brauchen Sie gar nicht nach uns Ausschau halten: Wir werden bisher nur äußerst selten gegessen, weil wir noch viel zu wenige sind. Suppenhühner sind regelmäßiger im Angebot, Eier sind zumeist ganzjährig verfügbar.
Welche Eigenschaft schätzt Du an einem Menschen?
Wenn er das Wohl der Tiere über die Profitmaximierung stellt.
Was möchtest Du unbedingt noch tun in Deinem Leben?
(zögert lange) Herrn Wiesenhof die Augen auspicken.
Das letzte Wort
Finger weg von Eiern aus dem Supermarkt!
Der Artikel erschien zuerst am 14.04.2017