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Feinstaub in Augsburg

Was lässt sich aus den vorhandenen Daten des Umweltbundesamtes ablesen?

Der Physiker Thomas Hecht liefert eine Übersicht der verfügbaren Zahlen und stellt die Fragen: Was kann die Stadt Augsburg gegen Feinstaub tun? Und wie kann jede*r  Augsburger*in selbst Feinstaub messen?

Auf den Seiten des Umweltbundesamtes (UBA) finden sich Daten aller offiziellen Messstationen in Deutschland. Je nach Station gibt es dort Informationen zu Ozon, Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid oder Stickstoffdioxid. Und natürlich zu Feinstaub der Partikelgröße 10µm, also 10 Mikrometer. Sie werden im Folgenden PM10 genannt, es handelt sich um Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 10 Mikrometer. Im besten Fall liefert das UBA Stundenmittelwerte. Zum Teil werden auch Tagesmittelwerte, Jahresmittelwerte oder die Zahl der Tage veröffentlicht,, an denen Grenzwerte überschritten wurden. Was lässt sich aus den vorhandenen Daten für Augsburg ablesen?

 

Wird die Luft in Augsburg besser?

Eine umfassende Antwort auf die Frage, ob die Luft in Augsburg besser wird, ist schwierig. Beispielhaft soll Feinstaub der Größe PM10 (Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 10 Mikrometer) und die Möglichkeiten, dies aus den öffentlich verfügbaren Daten abzulesen, dargestellt werden.
Das Umweltbundesamt (UBA) bietet für Augsburg zwei Werte an: den Jahresmittelwert und die Anzahl der Tage, an denen der Grenzwert von 50µg/m³ (Mikrogramm pro Kubikmeter) mit Feinstaub PM10 überschritten wurden.
Betrachtet man die Entwicklung seit 2002, fällt positiv auf, dass sowohl die Zahl der Tage mit Grenzwertüberschreitungen (Abbildung 1, ROT) als auch der jährliche Mittelwert (Abbildung 1, BLAU) abnehmen. Betrachtet man ausschließlich die Zahl der Tage mit Grenzwertüberschreitungen (ROT), so könnte man sogar den Eindruck gewinnen, dass die Luft schon fast sauber sei. Betrachtet man jedoch den Jahresmittelwert (BLAU) , so zeigt sich, dass diese Aussage nicht stimmt.
Hier gibt es zwar auch eine Abnahme, aber sehr viel geringer. Und die aktuellen Werte sind weit entfernt von der Null.

Dies ist in Abbildung 1 für die Station Bourges Platz exemplarisch dargestellt. Ein und dieselbe Belastungsquelle mit denselben Daten, aber unterschiedlicher Auswertung liefert hier ganz unterschiedliche Aussagen. Die Zahl der Tages-Überschreitungen erlaubt großen Optimismus, die andere verweist darauf, wie wenig damit erreicht wurde. Der Optimismus muss weiter gedämpft werden, da bereits in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 an der Karlstraße 13 Mal der Grenzwert überschritten wurde. 

 

Abbildung 1:

 

Räumliche Abhängigkeit

Dabei stellt sich natürlich die Frage, ob die Karlstraße nicht eine Mess-Station mit besonders hohen Schadstoffwerten ist, weil dort ein hohes Verkehrsaufkommen ist und die Messung besonders nah am Verkehr vorgenommen wird. Dies ist leider nicht der Fall: Wenn die Werte an der Karlstraße hoch sind, steigen sie auch in der übrigen Stadt. Allein der Standort entscheidet, um welchen Faktor.
Um diese Frage ausführlich zu beantworten, lohnt es sich, die Werte aller Augsburger Mess-Orte zu vergleichen. Betrachtet man die Tagesmittelwerte der letzten zwei Jahre, also insgesamt etwa 4 mal 700 Tageswerte, so zeigt sich, dass die Werte der Stationen sehr gut korreliert sind, d.h. zeigt sich ein Anstieg bei der einen Station, so auch annähernd bei allen anderen, lediglich um einen gewissen Faktor verändert. Abbildung 2 verdeutlicht die Korrelation: Hier werden die Werte vom Bourges-Platz und die der Karlstraße gezeigt. Dabei zeigt das Korrelationsmaß R²=0,97, dass es eine sehr starke Korrelation ist!

 

Abbildung 2:

Im Vergleich zu den Werten der Karlstraße liegen die Werte - und damit die Belastung - am Königsplatz bei 88%, am Bourges Platz bei 77% und beim Landesamt für Umwelt bei 65%.

Das bedeutet: Auch wenn nur an der Karlstraße ein Messwert über dem Grenzwert liegt, gibt es stadtweit hohe Belastungen. Die hohen Werte der Karlstraße zeigen nur die Spitze des Eisberges." Thomas Hecht, Physiker.

 

Weniger Grenzwertüberschreitungen sind kein Grund zur Entwarnung

Bei der Festlegung gesetzliche Grenzwerte spielen verschiedene Aspekte eine Rolle. Laut Umwelt-Bundesamt darf bei einer Tagesmessung 35 Mal im Jahr der Grenzwert 50 µg/m³ (Mikrogramm pro Kubikmeter) überschritten werden. Aber es ist unrealistisch anzunehmen, dass 49 µg/m³ keine Belastung darstellen, 51 µg/m³ hingegen schon. Die Anzahl der Tage, an denen der Grenzwert überschritten wird, ist daher nur in sehr engen Grenzen ein Indiz für die wirkliche Belastung der Bevölkerung mit Schadstoffen. Keineswegs ist dieser Wert geeignet, Entwarnung zu geben. Spitzenbelastungen sind bei der obigen Betrachtung herausgemittelt und werden nicht erfasst. Die Korrelation zwischen den Mess-Stationen zeigt, dass alle Augsburger*innen belastet werden  - nur unterschiedlich stark!   

 

Negativ-Faktoren für Feinstaubbelastung - Was kann Augsburg tun?

Zunächst einmal die Negativ-Faktoren: Luftverwirbelungen durch Verkehr und Wind verlangsamen Klärungsprozesse. Ein trockenes, heißes Stadtklima fördert die Staubbildung. Eine Verdichtung des Autoverkehrs und der Ausbau von Straßen verschlechtern zusätzliche die Situation. Wächst die Stadt in die Fläche, so entfernt sich auch der Frischluftgürtel vom Stadtkern. Nimmt die weltweite Klimaerwärmung zu, steigt dadurch die Belastung!

Was kann eine Stadt wie Augsburg tun, um dem entgegenzuwirken?
An erster Stelle steht die Reduktion des auf Verbrennung basierten Verkehrs. Das bedeutet, eine autofreie oder zumindest in Teilen autofreie Innenstadt. Außerdem Entsiegelung der Flächen: Wo auch immer möglich, sollten Bäume und Alleen gepflanzt werden. Sie spenden Schatten und durch die Alleen entstehen Luftschneisen. Pflanzen mit großer Oberflächen tragen auch zur Luftfeuchte bei und können Staub binden. Außerdem sollte so viel Stadtgrün wie möglich angelegt werden. Dazu gehören Nachbarschaftsgärten, begrünte Verkehrsinseln oder Blühwiesen auf Brachflächen. Vertikale Gärten begrünen Fassaden und sorgen für Kühlung, Schatten und frische Luft.

 

Selber Schadstoffe messen!

Zusätzlich zu den Zahlen, die das Umweltbundesamtes (UBA) für Augsburg liefert, können wir selbst Schadstoffe messen. Derzeit gibt es in Augsburg es vier Mess-Stationen des Landesamtes für Umwelt (LfU), die aber nur Stundenmittelwerte liefern. Inwieweit eine sehr große Zahl günstiger Sensoren mit Messungen im 10-Sekunden-Takt weitere Aussagen ermöglichen, ist Inhalt des Forschungsprojektes SmartAQNet.
Um möglichst viele Stationen zu betreiben sind alle eingeladen, für 30 Euro einen solchen Sensor zu bauen und vor Ort zu messen. Immer wieder sind Workshops geplant, auch in Zusammenarbeit mit der Lokalen Agenda 21.    
SmartAQNet leitet die Daten auch an das seit längerer Zeit laufenden Bürgerprojekt. Hier finden sich Links zu Messdaten meines Sensors, des Umweltbundesamtes, sowie SmartAQNet.

Text und Grafiken von  T.Hecht, unter Nennung der Quelle entsprechend

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