Unterwegs

Augsburgs neue Surfwelle

Am Senkelbach, unweit des Plärrergeländes, entsteht Augsburgs erste stehende Welle - initiiert und getragen von einem Verein, konstruiert aus nachhaltigen Materialien, angetrieben von fließendem Wasser.
Presseveranstaltung Bauabschnitt 1 der Augsburger Surfwelle.

Mit reichlich politischer Prominenz feierte der Verein Surffreunde Augsburg am 24. April 2023 den ersten Bauabschnitt der ersten stehenden Surfwelle unserer Stadt. Die künstliche Flusswelle, die sich mit Surfbrett, Kajak, Bodyboard und Wakeboard nutzen lässt, entsteht ganz zentral in Augsburg im Senkelbach, nur wenige Meter neben dem Plärrer.

Bayerisches Hawaii

Ob Augsburg nun vom „Venedig des Nordens“ auch noch zum „bayerischen Hawaii“ wird, wie es der Verein augenzwinkernd prophezeit, ist natürlich eine Frage des Marketings. Und das verfängt schon, denn die Politiker*innen vor Ort haben die Formulierung bereits in ihre Reden eingebaut. Der Landtagsabgeordnete Fabian Mehring, der das Projekt schon länger unterstützt, beispielsweise. Er versteht die Welle darüber hinaus als Chance, das Thema Welterbe „herzens- und jugendtauglicher“ zu machen. Seitens der Stadt hat Kultur-, Welterbe- und Sportreferent Jürgen K. Enninger das Projekt befördert. Er ist überzeugt, dass Surfen im Herzen der Stadt „das kulturelle Flair der Wasserstadt Augsburg mit ihrem UNESCO-Welterbe perfekt ergänzen“ werde. Denn Stadtsurfen stehe „für Jugendkultur und innovativen urban geprägten Sport“.

Animation der fertigen Surfwelle am Senkelbach.

„Wir sind Wasserstadt. Wir haben seit vielen Jahrhunderten ein super Wassermanagement-System und dass zu diesem Management auch die Nutzung von Wasser gehört, ist selbstredend. Und dass das jetzt auch sportlich passiert, ist etwas, was unser UNESCO-Welterbe noch erlebbarer macht."

 

Oberbürgermeisterin Eva Weber

Auch wenn es heute ganz so aussieht, als handle es sich um ein klares Gewinnerthema; der Verein Surffreunde Augsburg arbeitet schon viele Jahre daran, die Genehmigungen für die Umgestaltung des Baches (der vielmehr ein Kanal ist) und die notwendige Unterstützung zu erhalten. Nun, da die Umsetzung in greifbare Nähe gerückt ist, zeigt sich, dass an diesem Projekt einiges besonders ist: Es entsteht hier ein nicht-kommerzielles hochwertiges Freizeitangebot, bei dem Ehrenamt, Forschung, Wirtschaft und am Ende auch Politik zusammenwirken.

 

Innovativ und ungefährlich

Ihre „surfbare“ Form erhält die Welle durch eine Art einstellbaren „Spoiler“, der auf der Rampe am Grund des Senkelbachs sitzt. Auf einer Breite von acht Metern wird hier eine Welle erzeugt, auf der mit Surfbrett, Bodyboard, Kajak gesurft werden kann. „Der Aufbau unserer Surfwelle ermöglicht nicht nur einen ökologisch verantwortungsvollen, sondern gleichzeitig auch einen sicheren und verträglichen Betrieb“, erläutert Dr. Peter Miehle vom Verein Surffreunde Augsburg. Im Gegensatz zu natürlichen Flusswellen werde die Surfwelle mit einem Prallschutz und Auffang- sowie Hilfestellungsvorrichtungen ausgestattet. Mit einer Hilfestellungsvorrichtung könnten auch absolute Anfänger*innen „innerhalb von 10 min“ erfolgreich ihre erste Welle surfen, verspricht der Verein. Es würden zudem immer Aufsichtspersonen und Lebensretter vor Ort sein. Die Möglichkeit, individuelle Schwierigkeitsgrade für Fortgeschrittene und Profis einzustellen, erlaube es außerdem, „die Welle auch ‚unsurfbar‘ zu machen, also abzuflachen, sodass gezielt Rücksicht auf Anlieger und allgemeine Ruhezeiten genommen werden kann“, ergänzt Miehle. Durch die neue Konstruktion wird gleichzeitig eine ungünstige Situation im Senkelbach entschärft: Bis zum jetzigen Umbau konnten die teils unterspülten Querbalken an dieser Sohlschwelle zu lebensgefährlichen Situationen für Menschen oder Tiere führen.

„'Surfen im Herzen der Stadt‘ wird auch das kulturelle Flair der Wasserstadt Augsburg mit ihrem UNESCO-Welterbe perfekt ergänzen. Dass dies nun eingebettet in das natürliche Umfeld und mit Hilfe nachhaltiger Baustoffe und dem Erfindergeist junger Menschen der Hochschule Augsburg geschieht, begeistert mich ganz besonders."

 

Jürgen K. Enninger, Referent für Kultur, Welterbe und Sport

Konstruktion der Surfwelle Augsburg

Nachhaltige Innovation aus Augsburg

Aber auch die Konstruktion selbst ist ein technisches Novum. Die Rampenteile wurden seit Ende vergangenen Jahres in einem gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekt der Surffreunde mit der Technischen Hochschule Augsburg entwickelt: Die Betonteile bestehen aus einem neuen Materialmix, der Carbon statt Stahl und darüber hinaus ausschließlich Recyclingbeton enthält. Das eingesetzte Carbon ist rostfrei und etwa sechs Mal tragfähiger als Stahl, wodurch filigranere Betonelemente hergestellt werden können, was wiederum - im Vergleich zu Stahlbeton - zu einer deutlich besseren CO2-Bilanz führt. „Das Projekt zeigt, dass die von uns eingesetzte Kombination aus Carbonbewehrung und Recyclingbeton funktioniert. Für die Bauwelt ist das zukunftsweisend“, sagt Prof. Dr.-Ing. Sergej Rempel, der an der Hochschule Bauingenieurswesen lehrt.

„Durch die Kooperation mit der Hochschule Augsburg können wir urbanes Surfen auf ein neues Level heben: Nicht nur wird unsere Surfwelle durch die natürliche Wasserkraft vollkommen klimaneutral, also ohne CO2-Emissionen, laufen, jetzt können zudem alle Bauteile mit maximaler Rücksicht auf Ressourcenschutz hergestellt werden.“

Dr. Peter Miehle, Verein Surffreunde Augsburg

Es fehlt weiterhin Geld

Ein Großteil der Finanzierung kommt bisher aus öffentlichen Geldern: Neben 200.000 Euro vom Freistaat stehen auf Initiative von Sportreferent Enninger bis zu 90.000 Euro von der Stadt Augsburg zur Verfügung. Zahlreiche regionale Unternehmen unterstützen das Projekt zudem über Sachspenden, praktische Mithilfe und ihr Know-how. Da dies in der Summe noch nicht ausreicht, und um als gemeinnütziger Verein finanziell unabhängig bleiben zu können, hat der Verein eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, um im zweiten Bauabschnitt das Sicherheitsvorrichtungen, Wellenmechanik und die Aufenthaltsplattformen finanzieren zu können. Weitere 80.000 Euro benötigt der Verein. Ob bereits in diesem Jahr gesurft werden kann, ist deshalb auch noch ungewiss.

 

Zur Crowdfunding-Kampagne geht es unter www.surfwelleaugsburg.de.

Oder direkt: https://www.betterplace.org/de/projects/120851

 

Interessant ist auch die Projektseite der Technischen Hochschule mit Informationen über die Materialien und die Technik.

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