Kultur & Bildung

Umweltfreundliche Festivals – Green Events funktionieren!

Wenn hunderttausende Festivalbesucher das Gelände stürmen, leidet die Natur. Seit Jahren streben Green Events ein umweltverträgliches Konzept an. Das Modular Festival in Augsburg gehört dazu.
Das Modular Festival in Augsburg von oben. Foto: Rebecca Lutz

Der Sommer naht und damit die Zeit der Festivals. Bei jungen Leuten ist diese Saison sehr beliebt: Hunderttausende Menschen besuchen namhafte Events wie Rock am Ring, Glastonbury oder Roskilde. Wenn so viele Menschen für mehrere Tage auf engem Raum zusammenkommen, bleibt das nicht ohne Folgen für die Umwelt. Daher bemühen sich immer mehr Festivals die Veranstaltung nachhaltiger zu gestalten. So auch das Jugendfestival Modular, das immer Ende Mai oder Anfang Juni in Augsburg stattfindet. Die Organisatoren verfolgen ein eigenes Nachhaltigkeitskonzept und sind Vorreiter in der Region. Müll, CO2-Bilanz, Energieverbrauch - für alles gibt es eine gute Lösung!

 

Die Kernfrage lautet: Wie kann man ein großartiges Festival garantieren und trotzdem auf den Umwelt- und Naturschutz achten? Es gibt bereits zahlreiche Ideen zu Abfallmanagement, Mobilität, Gastronomie, Stromversorgung, Lärmbelastung, Bodenschutz, Umweltbildung und Camping. Dabei geht es nicht nur um Umweltfreundlichkeit, sondern auch um die Menschen selbst. Einige Veranstalter haben sich dieser Fragen angenommen und organisieren sogenannte "Green Events", die im Kommen sind.

 

Zu den bekanntesten Green-Events in Deutschland gehören das Tollwood Festival im benachbarten München, das Melt! Festival in Dessau oder die Berlin Music Week. Sie handeln bereites umweltfreundlich. Auch international gibt es einige nachhaltige Festivals, allen voran das Open Air St. Gallen in der Schweiz. Nachhaltiges Engagement zeigen ebenso das Roskilde Festival in Dänemark, das Paleo Festival in der französischen Schweiz, das Glastonbury Festival in England sowie das Aufwind in Wien. Viele Green Events verfolgen beispielsweise soziale und kulturelle Nachhaltigkeit und spenden Teile ihrer Gewinne an gemeinnützige Organisationen oder geben übrig gebliebene Lebensmittel an Tafeln und Obdachlosenheime weiter. Bei anderen nachhaltigen Festivals wird vegetarisches und biologisches Fast Food sowie fair gehandelter Kaffee ebenso angeboten wie solarstromgekühltes Eis und nachhaltige Kleidung. Denn gerade das Essen und die Waren der kleinen Stände schaffen eine gemütliche Festivalatmosphäre.

 

 

An- und Abreise als CO2-Schleuder

Das größte Problem für Green Events bleibt die An- und Abreise. Ein Musikfestival mittlerer Größe mit etwa 40.000 Besucher*innen produziert inklusive An- und Abreise etwa 2.000 Tonnen CO2. Zum Vergleich: Der CO2-Ausstoß je Bundesbürger lag im Jahr 2011 bei durchschnittlich elf Tonnen. Beim Roskilde-Festival fahren jährlich etwa 70.000 Menschen aus Nordeuropa in Richtung Sjaelland. Die Veranstalter ermutigen die Festivalbesucher mit Öffentlichen Verkehrsmittel zu kommen und durch Mitfahrbörsen den Autoverkehr einzudämmen.

 

 

23 Kilo Abfall pro Person

Ein weiteres Problem sind die Abfallberge. Bei einem achttägigen Festival mit 100.000 Besuchern hinterlässt jeder im Schnitt 23 kg Müll auf dem Gelände und das, obwohl es sich beim Roskilde bereits um ein nachhaltiges Festival handelt. So blieben am Ende der acht Tage etwa 20.000 Zelte und 12.000 Schlafsäcke zurück, die vom Veranstalter an ein Obdachlosenheim gespendet werden.

 

 

 

Open Air St. Gallen - der »Umwelt-Champion« unter den Festivals

Bei solchen Zahlen ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Festivalveranstalter Handlungsbedarf sehen. So hat das Open Air St. Gallen mit circa 30.000 Besuchern ein eigenes Müllkonzept entwickelt. Freiwillige Helfer, sogenannte Trash Heros, sorgen während der Veranstaltung für ein müllfreies Gelände und somit für eine saubere, angenehme Atmosphäre. Auch die Besucher sind gefragt: Sie werden über die Abfall-Problematik informiert und erhalten Müllsäcke, um selbst einen Beitrag zur Sauberkeit zu leisten.

Versorgt wird das Festival ausschließlich mit Ökostrom. Beim Essen und Trinken wird auf Bio-Qualität und Regionalität geachtet und viele Stände erweitern ihr Angebot an vegetarischen und veganen Speisen stetig.

Damit mehr Festivalbesucher mit Bus und Bahn anreisen, gibt es einen Nachlass von 50% auf Bahntickets, der öffentliche Nahverkehr vor Ort ist sogar umsonst. Im Gegenzug betragen die Parkplatzgebühren satte 60 Schweizer Franken (umgerechnet ca. 55 €) – somit kommen nur etwa ein Viertel der Festivalbesucher mit dem Auto. Diese Bemühungen des Open Air St. Gallen ist seit 2007 mit dem »Green’n’Clean«-Award der Europäischen Festival-Organisation Yourope ausgezeichnet. Eine Studie des WWF bezeichnet es außerdem als »Umwelt-Champion«. Somit wird es dem Namen nachhaltiges Festival mehr als gerecht.

 

 

Modular-Festival seit 2019 im Gaswerk

"Step by Step in Richtung Nachhaltigkeit" Anspruch des Modular Festivals seit 2011. 

Für ein nachhaltiges Festival muss man gar nicht bis in die Schweiz fahren. Mitten im Herzen Augsburg strömen jedes Jahr Ende Mai, Anfang Juni täglich etwa 10.000 Besucher*innen auf das Gelände am Gaswerk. Organisiert wird das Modular Festival vom Stadtjugendring Augsburg mit mehr als 400 freiwilligen Helfer*innen: Es ist das größte gemeinnützige Jugend- und Popkulturfestival in der Region.

Und nicht nur das: Das Modular hat sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben. So reduzieren die Verantwortlichen seit Jahren Schritt für Schritt den CO2-Ausstoß sowie das Müllaufkommen. Alle Mitwirkenden und das Publikum werden für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert: 2017 wurde der Arbeitskreis Nachhaltigkeit gegründet, in dem Optimierungen und Strategien für das kommende Festival besprochen werden.

 

Schutz von Bäumen und Boden

Während des Festivals streifen Trash Heroes über das Gelände und achten auf die Sauberkeit. Durch die Umstellung auf Ökotoiletten 2016 konnten 56.000 Liter Wasser eingespart werden. Die Dieselaggregate wurden abgeschafft und auf swa-Strom aus 100% Wasserkraft umgestellt.

In enger Zusammenarbeit mit dem Grün- und Umweltamt, werden jedes Jahr Schutzmaßnahmen getroffen. So werden zum Beispiel für den Auf- und Abbau Sperrzonen eingerichtet, die nicht befahren werden dürfen. Durch den großflächig ausgelegten Bodenschutz wird der Boden vor Mensch und Maschine geschützt.

 

Regionale, ökologische und soziale Partner bevölkern das Festival

Alle Programm- und Gastronomiepartner, Dienstleisterfirmen und Kreativmarktstände kommen aus Augsburg und der Region. Dies stärkt den Lokalcharakter und vermeidet lange Anfahrtszeiten. Dabei werden diejenigen bevorzugt, die einen ökologischen oder sozialen Charakter haben, sich für Themen der Nachhaltigkeit einsetzen und deren Philosophie der des Modular-Festivals entspricht.

 

Die Besucherinnen und Besucher werden darum gebeten, mit dem Rad oder mit dem ÖPNV anzureisen. Erleichtert wird dies durch extra bereit gestellte Fahrradständer, einer Fahrradgarderobe. Deko- und Sitzelemente für das Gelände werden hauptsächlich aus Altmaterial konzipiert und in Workshops gebaut. Es gibt eine Eco-Toilette mit Sägespännen. Während des Festival sind viele alternative Konzepte und Lifeguide-Ort im Wittelsbacher Park anwesend. Sie veranstalten das Rahmenprogramm und informieren die Festivalbesucher*innen wie nachhaltiges Leben praktisch funktioniert. Das gesamte Nachhaltigkeitspaket des Modular-Festivals kann hier im Detail nachgelesen werden.

 

Wie man sieht wird im Bereich Nachhaltigkeit auch bei Festivals einiges getan. Gerade kleinere Festivals versuchen, sich in ihrer Struktur, aber auch inhaltlich, diesem Thema zu widmen. Das reicht von kleinen Infotafeln bis hin zur kompletten Umsetzung eines Festivals unter nachhaltigen Aspekten. Jeder Schritt in Richtung Nachhaltigkeit ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch ist es noch ein weiter Weg, den Gedanken der Nachhaltigkeit bei Events und Festivals zu etablieren. Zu guter Letzt liegt dies nicht allein in den Händen der Veranstalter, sondern auch in denen der Festivalbesucher*innen.

 

Die Autor*innen:

Christina Walter, Jessica Brandt und Simon Pfeiffer studieren Geographie an der Universität Augsburg. Sie engagieren sich ehrenamtlich in der Fachschaft Geographie und setzen sich gemeinsam für die Studierenden ein und fungieren als Bindeglied zwischen Studierendenschaft und den Lehrstühlen. Im Zuge des Seminars "Nachhaltig leben in und um Augsburg" setzten sich die Studierenden im Wintersemester 2017/18 mit dem Thema Nachhaltigkeit bei Festivals auseinander.

     
     

Wie können Wissenschaft und Gesellschaft voneinander profitieren?

Dieser Artikel entstand im Rahmen des ersten Lifeguide-Seminares an der Universität Augsburg, das unsere Redakteurinnen Cynthia Matuszewski und Sylvia Schaab im Wintersemester 2017/ 2018 im Fachbereich Geographie anboten.
Die Kernfrage lautete: Wie können Wissenschaft und Gesellschaft voneinander profitieren? Indem sie so oft wie möglich miteinander sprechen und sich austauschen. Indem also beispielsweise junge Wissenschaftler*innen in allgemein verständlicher Sprache von ihren Forschungsprojekten, ihren Forschungsfragen oder ihren Zukunftsmodellen berichten. Im Laufe des Seminars wurde über Verständlichkeit gesprochen, über Recherche, Gegenrecherche, Überschriften, Teaser, Fotos und vieles mehr. „Das war eine inspirierende Zeit für uns von der Lifeguide-Redaktion mit sehr engagierten Studentinnen und Studenten des Fachbereichs Geographie. Es hat Spaß gemacht, mit ihnen in einer Uni-Redaktion zusammenzuarbeiten!“, berichten Cynthia Matuszewski und Sylvia Schaab. Am Ende dieser vielversprechenden Zusammenarbeit lagen dem Lifeguide im Februar 2018 insgesamt 11 neue Artikel vor. Sie wurden im Laufe des Jahres 2018 veröffentlicht. Wir freuen uns darauf.

 

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