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TRICLI – Dating App für medizinische Studien

Die mehrfach ausgezeichnete TRICLI App bringt Krebs-Patient*innen, Forschende und Studien zusammen. Interview mit Prof. Dr. Rainer Claus und Dr. Sebastian Sommer.
Das TRICLI-Team, von rechts: Prof. Dr. Rainer Claus, Gründer und Mediziner, Dr. Sebastian Sommer, Gründer und Mediziner, Stephan Schad, Gründer und CEO, Philip Marienfeld, Gründer und Entwickler.

"Unsere Motivation war und ist es, medizinische Forschung und Versorgung näher zusammenbringen und damit für möglichst viele Patient*innen innovative Behandlungschancen zu eröffnen."

Dr. Sebastian Sommer

70 % der an Krebs erkrankten Menschen würden gern an einer Studie teilnehmen, aber nur bei 5 % gelingt eine solche Kooperation. Diese Zahlen aus den USA sowie die Erfahrungen im eigenen Klinikalltag am Universitätsklinikum in Augsburg motivierte die Onkologen Prof. Dr. Rainer Claus und Dr. Sebastian Sommer über ein Tool nachzudenken, das Studien und Patient*innen einfach, schnell und effektiv zusammenbringt. Die Idee für die TRICLI- App war geboren.

 

Die beiden Mediziner taten sich mit Web-Entwicklern zusammen, nahmen eigenes Geld in die Hand und realisierten parallel zu ihrem Arbeitsalltag innerhalb von anderthalb Jahren ihre „Dating App“ für medizinische Studien. Die TRICLI-App wurde am Universitätsklinikum Augsburg getestet und ist seit Ende Januar 2023 in einer vereinfachten Variante in den App-Stores verfügbar. Neben vielen anderen Auszeichnungen erhielt die kostenlose TRICLI App im Dezember 2022 den Augsburger Zukunftspreis.

 

Wie kamen Sie auf die Idee, TRICLI zu entwickeln?

Prof. Dr. Rainer Claus: Das war ein längerer Prozess. Wir haben über die Jahre unserer Berufstätigkeit festgestellt, dass die Rekrutierung von Patient*innen als Studienteilnehmer für viele, wenn nicht alle Kliniken ein relevantes Problem darstellt. Und das ist für alle Beteiligten ungünstig, für Patient*innen, für Kliniken, für Forscher und für die Studienverantwortlichen. Insbesondere erhalten dadurch viel zu wenig Patient*innen Zugang zu neuen, innovativen Therapien und gleichzeitig hemmt dies natürlich den Fortschritt in der Forschung. Hinzu kommt noch, dass die Durchführung einer klinischen Studie extrem aufwändig ist und in der Regel viel Zeit und hohen finanziellen Einsatz erfordert. Werden dann nur langsam oder gar zu wenig Studienteilnehmer gewonnen, ist dies für alle Beteiligten nicht zufriedenstellend.

 

Dr. Sebastian Sommer:  Unsere Motivation war und ist es, medizinische Forschung und Versorgung näher zusammenbringen und damit für möglichst viele Patient*innen innovative Behandlungschancen zu eröffnen.

 

Wie funktioniert die TRICLI-App?

Prof. Dr. Rainer Claus: Zum einen können Studien mit ihren spezifischen Merkmalen in der App mit dem Ziel aufgeführt werden, passende Patient*innen zu finden, um zum Beispiel ein neues Krebsmedikament zu prüfen. Zum anderen können Kliniken oder niedergelassene Ärzte geeignete Studien für Patient*innen finden, die für eine Teilnahme bereit sind.

"Das Herstellen des wichtigen Kontaktes zwischen Ärzten, Forschenden und Patient*innen trägt dazu bei, die Krebsforschung weiter voranzubringen und verschafft Patient*innen im besten Fall einen Behandlungsvorteil."

Prof. Dr. Rainer Claus

Sie entwickelten die App parallel zu Ihrem Arbeitsalltag…

Dr. Sebastian Sommer:  Genau. Den Umstand, dass wir weiter vollständig in unseren Klinik- und Forschungsalltag eingebunden sind, sehen wir als Vorteil, da wir so besser die Prozesse und Bedürfnisse um die Rekrutierung von Studienpatient*innen nachvollziehen und entsprechend bedarfsgerechte Lösung entwickeln können. Unsere Gründungsmitglieder und Mitarbeiter setzen die Ideen und Lösungsansätze um. Wir sind hauptsächlich in der Konzeption und beratend tätig.

 

Wie haben Sie es geschafft, Ihr ärztliches Wissen adäquat in einem vereinfachenden App-Raster darzustellen?

Prof. Dr. Rainer Claus: Grundsätzlich gilt für TRICLI, dass wir mit unseren digitalen Lösungsansätzen über Studien informieren und Informationen einfach und strukturiert zugänglich machen. Zudem vereinfachen wir die Meldung von potenziellen Studienteilnehmern. TRICLI gibt aber keine Behandlungsempfehlungen und schließt niemanden in Studien ein!  

 

Dr. Sebastian Sommer: Die Aufbereitung der umfangreichen Studiendaten in einer kurzen, verständlichen, gleichzeitig aber auch umfassenden und parametrisierbaren Form ist unsere zentrale Aufgabe und stellt schon an sich eine Herausforderung dar. Um die Informationen einem möglichst breiten Publikum – und das umfasst zukünftig auch medizinischen Laien - zur Verfügung zu stellen, bezogen wir früh Nicht-Mediziner in unsere Entwicklung mit ein.

 

Wie überzeugten Sie Forschende von Ihrer Idee?

Dr. Sebastian Sommer:  Die Begeisterung für unseren Ansatz zum „Dating“ von Studien und Patienten beruht am ehesten darauf, dass insbesondere die Studiendurchführenden bzw. die Forschenden und Kliniken erkannt haben, dass es hier ein großes Potential für Verbesserung im Prozess der Studienrekrutierung gibt, von dem alle profitieren.

"Die Anlage und Pflege von Studien in unserer Studien-Datenbank übernehmen wir selbst, um die bestmögliche Qualität und Aktualität der Einträge zu gewährleisten. Dies stellen wir dann unseren Partnern, z. B. den Studienstandorten zur Verfügung, die damit sehr einfach und schnell TRICLI einsetzen können."

Dr. Sebastian Sommer

Der Prototyp Ihrer App ist seit Januar 2022 im Einsatz. Wo haben Sie die App getestet?

Prof. Dr. Rainer Claus: Die TRICLI-App wurde von einem ausgewählten Personenkreis des Universitätsklinikums Augsburg getestet, um frühzeitig User-Feedback aus dem klinischen Alltag zu erhalten. Dies ermöglicht uns, die relevanten Bedürfnisse und auch Probleme bestmöglich zu identifizieren und zeitnah zu adressieren.

    "Der erste Einsatz von TRICLI „im echten Leben“ hat uns gezeigt, dass das Konzept sinnvoll ist, funktioniert und auch angenommen wird."

    Prof. Dr. Rainer Claus

    Neben den gewonnenen Preisen wie dem „Zukunftspreis“ freuen wir uns besonders, dass die TRICLI-App bereits zur Studien-Recherche herangezogen wird.

     

    Die App spart im Klinikalltag oder der Arztpraxis viel Zeit – wie kooperativ zeigen sich Kliniken und Ärzt*innen?

    Prof. Dr. Rainer Claus: Unsere ersten Erfahrungen sind hier positiv, aber richtig gut werden wir diese Frage wohl erst in einem Jahr beantworten können.

     

    Welche Zukunftspläne haben Sie für TRICLI?  

    Dr. Sebastian Sommer:  TRICLI will das Zusammenbringen von Patient*innen und Studien weiterentwickeln. Hierzu ist die „Studiendating-App“ ein erster und zentraler Schritt. Wir wollen in Deutschland und möglichst auch international eine der relevanten Lösungen werden, wenn es um effektive Rekrutierung von Studienpatient*innen geht.

     

    Prof. Dr. Rainer Claus: Mittel- und langfristig sehen wir die App aber eher als einen Baustein auf dem Weg zu einer umfassenderen digitalen und stärker automatisierten Lösung die Informationen über Studien aufbereitet, zugänglich macht und Patient*innen bestmöglich das Finden von geeigneten Studien und eine Studienteilnahme erleichtert.

     

    Das TRICLI-Team:

    • Prof. Dr. Rainer Claus, Gründer und Oberarzt (Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie) am Universitätsklinikum Augsburg, Professur für Personalisierte Tumormedizin und Molekulare Onkologie an der Universität Augsburg
    • Dr. Sebastian Sommer, Gründer und Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Augsburg
    • Stephan Schad, Gründer und CEO, Dipl.-Kfm.
    • Philip Marienfeld, Gründer und CTO, Dipl.-Inform. (FH)

     

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