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„The True Cost – Der Preis der Mode“

Interview mit Filmemacher Andrew Morgan. Als er 2013 die Fotos der eingestürzten Rana Plaza Textilfabrik in Bangladesh sah, stellte er fest, dass er sich noch nie Gedanken gemacht hatte, wer seine Kleidung näht. Daraufhin produzierte er "The True Cost"
The True Cost - Der Preis der Mode?

Für den Blog vom Fair Fashion Onlineshop glore hatte Nadja Steinbach den Regisseur Andrew Morgan interviewt. Der Lifeguide veröffentlicht das Interview in leicht gekürzter Form.

Mode als Wegwerfprodukt kostet unseren Planeten und viele Menschen um einiges mehr, als auf dem Preisschild steht.

 

Nadja Steinbach / glore: Kannst du uns mehr über dich erzählen und wie du dazu gekommen bist den Film „The True Cost – Der Preis der Mode“ zu machen?

Andrew Morgan: Ich mache Filme seitdem ich ein kleiner Junge war. Vor ein paar Jahren habe ich auch angefangen, Regie zu führen. Als ich gerade meinen letzten Film fertig stellte, entdeckte ich ein Bild in der New York Times. Es war der Tag,  nachdem die Rana Plaza Fabrik in Bangladesh zusammengestürzt war. Als ich den Artikel darüber las, wunderte ich mich, dass diese Industrie, die doch so machtvoll und profitabel ist, auf so eine Weise Geschäfte macht. Ich habe mich sehr klein gefühlt, als ich anfing zu realisieren, dass es mich nie interessiert hatte, wo meine Kleidung eigentlich herkommt. Ich bin dann zurück in mein Büro gegangen, und habe sofort angefangen zu recherchieren und den Film in die Wege zu leiten. Ich wollte verstehen, was in dieser Branche vor sich geht. Ich habe mich sehr klein gefühlt, als ich anfing zu realisieren, dass es mich nie interessiert hatte, wo meine Kleidung eigentlich herkommt.

 

Kannst du uns erklären was Fast Fashion ist?

Andrew Morgan: Im Grund genommenen beschleunigt Fast Fashion den Zyklus vom Laufsteg zum Laden. Die Modelle vom Laufsteg werden kopiert und schnell durch die Produktion geschleust, damit die Ware innerhalb von wenigen Tagen verkauft werden kann. Es ist ein Weg, unsere Kleidung billiger und billiger zu machen und weniger Qualität in die Läden zu bringen. Jede Woche gibt es neue Styles. Das macht Mode zu einem Wegwerfprodukt – übrigens das erste Mal in der Geschichte der Menschheit. Das wollen wir mit dem Film am meisten kritisieren. Denn Mode als Wegwerfprodukt kostet unseren Planeten und viele Menschen um einiges mehr, als auf dem Preisschild steht. Ein Zitat aus dem Film geht mir nicht mehr aus dem Kopf: „Death grows with profit“.

 

Was sind die Konsequenzen für die Menschen und die Umwelt in den Produktionsländern?

Andrew Morgan: Mit unserem Film wollen wir zeigen, dass wir die wahren Kosten der Textilproduktion nicht selber tragen. Es braucht eine große Menge Rohstoffe, um Kleidung herzustellen, aber genau diese Rohstoffe drohen uns auf unserem Planeten auszugehen: Und  diese Kosten der Umweltzerstörung werden nicht zum Preis der Mode dazugezählt. Nirgendwo in unserer Wertschöpfungskette messen wir den wahren, den eigentlichen Preis. Genau das gleiche gilt für die menschliche Arbeitskraft. Der Transport ist teurer geworden, die Rohstoffe sind teurer geworden und doch ist Kleidung günstiger geworden, denn die Arbeitskraft ist billiger geworden.

 

Die ärmsten Menschen der Welt werden von der Modeindustrie ausgebeutet. Dies ist eine unglaubliche soziale Ungerechtigkeit, denn so viele Menschen auf der Welt verdienen keinen existenzsichernden Lohn. Im Film werden die Probleme dieser Menschen genau beleuchtet. Familien können beispielsweise nicht beieinander bleiben und Kinder werden von ihren Eltern getrennt. In unserem System messen wir nur Profit und vernachlässigen diejenigen, die die wahren Kosten tragen.

 

Was können wir tun um das System zu ändern? Was sollte deiner Meinung nach passieren?

Andrew Morgan: Wir müssen das System so verändern, dass nicht mehr Profit alleine im Fokus steht. Das jetzige System macht die Reichen reicher und hält die Armen arm. Wir sollten einen Schritt zurücktreten, nachdenken und dann ein neue Methode erfinden, um Gewinn und Kosten auf neue Weise zu messen und zu verteilen. Wir müssen an einen Punkt kommen, an dem wir den Kapitalismus überdenken und weiterentwickeln.

 

Vor allem die Industrie muss sich verändern. Viele Marken lassen in vielen hundert Fabriken ihre Kleidung produzieren. Dabei besitzen sie keine einzige dieser Fabriken. Sie stellen also, rein rechtlich, die Leute nicht an. Es gibt keine Langzeitverträge und viele der Arbeitnehmer*innen haben nicht einmal einen Arbeitsvertrag. Das heißt auch, dass diese Firmen die Konsequenzen nicht tragen. Um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, muss man die großen Firmen dieser Welt dazu zwingen, Verantwortung zu übernehmen und Langzeitverträge mit ihren Lieferanten und Arbeitnehmer*innen einzugehen.

 

Außerdem müssen wir, die Konsument*innen, die wir Kleidung kaufen, aufmerksamer sein. Beim Filmen oder bei den Events, die wir veranstaltet haben, kamen viele Leute zu mir und sagten: „Ich habe noch nie darüber nachgedacht.“ Wenn Leute erst einmal anfangen zu verstehen und darüber nachzudenken, welche Firmen sie unterstützen, können wir einen Wandel erreichen. Ich glaube wirklich, dass die Menschen immer aufmerksamer werden. Andererseits kann man sich auch überfordert und sehr machtlos fühlen. Also möchte ich den Menschen einen Anhaltspunkt geben. Wir können zeigen, wie sie mit ihren alltäglichen Entscheidungen, wie der Kleidungswahl, die Achtung der Menschenrechte, die Rechte der Frauen und die Gleichberechtigung fördern können.

 

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