Mikroplastik - Die unsichtbare Gefahr

Die Verschmutzung der Umwelt durch Plastikmüll ist eines der größten ökologischen Probleme weltweit. Laut einer Studie des Fraunhofer Instituts aus dem Jahr 2018 werden allein in Deutschland jährlich 14,5 Millionen Tonnen Kunststoff verbraucht. Das entspricht einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 176 kg pro Jahr. Mit diesem Konsum geht auch die Verunreinigung der Natur mit Plastik einher, denn pro Jahr gelangen 3,1 Prozent (446.000 Tonnen) der Gesamtmenge an verwendetem Kunststoff in die Umwelt.
Jeder Deutsche ist demnach im Durchschnitt dafür verantwortlich, dass jährlich 5,4 kg Plastikmüll in die Natur gelangen. Diese Emissionen setzen sich aus 26 Prozent Makroplastik und 74 Prozent Mikroplastik zusammen. Das bedeutet, dass dem sichtbaren Plastikmüll wie Tüten und Folien die dreifache Menge an unsichtbarem Mikroplastik gegenübersteht. Dieser Anteil ist noch gefährlicher, denn über das Vorkommen und die Verteilung in der Umwelt sowie die Auswirkungen von Mikroplastik auf Mensch und Natur ist nur wenig bekannt.
Was ist Mikroplastik überhaupt?
Mikroplastik besteht wie jegliche Form von Plastik aus Kunststoff. Die Teilchen sind mikroskopisch klein und deshalb nur schwer mit bloßem Auge erkennbar. Das Mikroplastik lässt sich in zwei verschiedene Arten unterteilen: Unter primärem Mikroplastik versteht man das Grundmaterial, was für die verarbeitende Industrie hergestellt wird. Sekundäres Mikroplastik entsteht, wenn größere Plastikpartikel bei Verwitterungsprozessen zerfallen. Dazu gehören zum Beispiel die Brandung und die Sonneneinstrahlung. Beide Formen von Mikroplastik haben gemeinsam, dass sie sowohl fest als auch unlöslich sind. Aus diesem Grund sind sie nicht biologisch abbaubar und verbleiben deshalb Jahrzehnte in der Umwelt. Siehe auch Lifeguide-Artikel von Torsten Mertz
Die Verschmutzung heimischer Gewässer durch Mikroplastik
Bisher ist nur sehr wenig über das Vorkommen und die Verbreitung von Mikroplastik in deutschen Flüssen und Seen bekannt. Seit 2014 finden jedoch bundesländerübergreifende Untersuchungen in Süd- und Westdeutschland in verschiedenen Binnengewässern wie dem Rhein, der Donau oder dem Bodensee statt. Die Ergebnisse sind erschreckend: Mikroplastik kommt an jeder Probestelle vor. Dabei scheint der Rhein besonders betroffen zu sein. An insgesamt elf Stellen nahmen Wissenschaftler Proben von der Oberfläche des Flusses. Der durchschnittliche Konzentrationswert beträgt 892.777 Mikroplastik-Teilchen pro Quadratkilometer. Während der Rhein bis Mainz noch relativ gering belastet ist, ist das Rhein-Ruhr-Gebiet besonders stark verschmutzt. Die höchste Partikelanzahl ließ sich in Rees nahe der niederländischen Grenze messen: 3,9 Millionen Plastikteilchen pro Quadratkilometer. Geht man von diesem Wert aus, so ist davon auszugehen, dass der Rhein jeden Tag 191 Millionen Mikroplastik-Partikel in den Atlantik einträgt. Am häufigsten kommen besonders kleine Partikel vor, die nur mit dem Mikroskop zu erkennen sind. Die Studien zeigen außerdem, dass die Binnengewässer mittlerweile fast genauso stark von Mikroplastik belastet sind wie die Küstenbereiche.
Die Verschmutzung der Meere durch Mikroplastik
Bei bisherigen Untersuchungen über das Vorkommen von Mikroplastik in der Umwelt lag der Fokus vor allem auf den marinen Ökosystemen. Erstmals wurde Mikroplastik in den 1970er-Jahren im Meer nachgewiesen. Mittlerweile haben zahlreiche Studien gezeigt, dass die Weltmeere sehr stark von Plastikmüll verschmutzt sind. Bei dem sich im Meer befindenden Partikeln handelt es sich vor allem um sekundäres Mikroplastik, denn die Wellen und der Wind zerkleinern größere Plastikteile in kleines, also sekundäres Mikroplastik. Die Plastikteilchen wurden bisher in mehr als 1.200 Fischarten nachgewiesen, darunter auch in Plankton, der wichtigsten Nahrungsgrundlage vieler Lebewesen im Ozean.
Welche Auswirkungen hat Mikroplastik auf die Umwelt?
Genauso wie über das Vorkommen in der Umwelt ist ebenfalls nicht viel über die Auswirkungen von Mikroplastik bekannt. Es steht jedoch fest, dass sich Mikroplastik heute schon in den Nahrungsketten befindet. Besonders leichte Plastikpartikel schwimmen im Meer an der Wasseroberfläche und werden dort von Kleinstlebewesen gefressen. Diese stellen wiederum die Nahrungsgrundlage vieler Fische dar. Meeressäuger, Vögel und schließlich auch wir Menschen ernähren uns von diesen Fischen und so landet das Mikroplastik auch bei uns auf dem Teller. In verschiedenen Lebensmitteln wie Meeresfrüchten, Meersalz, Honig und Bier fand man bereits die winzigen Plastikpartikel.
Wissenschaftler*innen nehmen an, dass die Aufnahme von Mikroplastik durch verschiedene Organismen viele Folgen haben kann: Zum einen kann sich das Gewebe verändern oder es können Entzündungen entstehen. Zum anderen sind in den Kunststoffen auch Giftstoffe enthalten, die im Körper nach der Aufnahme wieder freigesetzt werden und eine toxikologische Reaktion hervorrufen können. Stoffe wie beispielsweise Weichmacher, sogenannte Additive, gelangen so ins Blut und werden vom Organismus gespeichert. Das kann zu hormonellen Veränderungen im Körper führen. Bei kleineren Lebewesen kann die Aufnahme der Teilchen zu inneren Verletzungen und somit schließlich zum Tod führen. Außerdem versucht man derzeit herauszufinden, ob Mikroplastik möglicherweise auch Viren und Bakterien überträgt. Des Weiteren zieht Mikroplastik in der Umwelt Schadstoffe an wie ein Magnet. Das liegt an den physikalischen und chemischen Eigenschaften von Kunststoffen. Deshalb ist die Schadstoffkonzentration um die im Wasser schwimmenden Partikel besonders hoch. Frisst ein Lebewesen die Plastikteilchen, nimmt es folglich alle Schadstoffe mit auf.
Wie gelangt Mikroplastik in die Umwelt?
Nun stellt sich die Frage, wie und in welchem Ausmaß Mikroplastik in die Umwelt gelangt und wer für diese Einträge verantwortlich ist. In Deutschland gelangen laut einer Studie des Fraunhofer Instituts jährlich 330.000 Tonnen Mikroplastik in die Umwelt. Der Verkehr verursacht dabei den größten Anteil an dieser Menge, gefolgt vom privaten Konsum und dem produzierenden Gewerbe. Genauer gesagt entsteht besonders viel Mikroplastik durch den Abrieb von Reifen, Asphalt sowie Fahrbahnmarkierungen. Aber auch die Verwehungen von Sport- und Spielplätzen mit eingestreutem Gummigranulat oder die beim Waschen synthetischer Kleidung freigesetzten Fasern liefern einen erheblichen Anteil. Außerdem enthalten viele unserer alltäglichen Produkte wie Kosmetika oder Reinigungsmittel oft feinste Plastikteilchen und flüssigen Kunststoff. Wenn wir sie benutzen, gelangen die Partikel über die lokalen Abwässer in die Kläranlagen.
Dort wiederrum können die Teilchen nur bedingt herausgefiltert werden, so landen sie auf diesem Weg in unseren Flüssen und Gewässern und schließlich im Meer. Durch die Meeresströmungen verteilt sich das Mikroplastik dann im gesamten Ozean. Somit nehmen verschiedene Organismen das Mikroplastik auf und ab diesem Moment besteht es in der Nahrungskette. Dabei ist die Größe des Plastikmülls entscheidend: Je kleiner der Plastikmüll, desto mehr Lebewesen sind betroffen und je kleiner die Teilchen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Mikroplastik mit der Nahrung aufgenommen wird.
Was tut die Politik gegen Mikroplastik?
Im Mai 2019 verabschiedete das EU-Parlament ein Plastik-Verbot, wodurch bis zum Jahr 2021 zahlreiche Produkte aus Plastik wie Strohhalme und Wattestäbchen aus den Supermärkten verschwinden sollen. Diesem Richtlinienentwurf sollen weitere folgen, um auch den Verbrauch anderer Einweg-Produkte zu reduzieren.
In Deutschland ist Anfang 2019 das neue Verpackungsgesetz in Kraft getretten. Dadurch sollen sich die Recyclingquoten von den heutigen 36 Prozent auf 63 Prozent im Jahr 2022 steigern. Außerdem sollen Kunststoffabfälle besser gesammelt werden, was den Eintrag von Plastikmüll in die Umwelt verringert. Auch dem Problem des Mikroplastiks will sich die Bundesregierung stellen. Zusammen mit der Industrie hat man sich das Ziel gesetzt, Mikroplastik aus kosmetischen Produkten zu verbannen. Statt den Kunststoffpartikeln möchten die Hersteller zukünftig Mandelkleie und Walnussmehl einsetzen.
Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland jedoch weiterhin hinterher. Während es in Ländern wie Schweden, Italien und Großbritannien schon länger ein Verbot von Kunststoffpartikeln in Kosmetika gibt, besteht in der Bundesrepublik noch kein solche rechtliche Rahmenbedingung. Daher ist es wichtig, sich dafür einzusetzen, dass Mikroplastik auch in Deutschland verboten wird.
Was können wir gegen Mikroplastik tun?
Mit den Alternativen zu Plastik kennt sich die 47-jährigen Sylvia Schaab bestens aus, schließlich leben sie und ihre Familie seit mehreren Jahren plastikfrei. Ihr Tipp für die Vermeidung von Mikroplastik lautet folglich: „Am besten soweit wie möglich auf Plastik verzichten“. Um Mikroplastik im Alltag zu vermeiden, sei es zunächst einmal sehr wichtig, den eigenen Müll zuhause ordnungsgemäß zu trennen und zu entsorgen, sagt sie. Denn tut man es nicht, gelangt Plastikmüll in die Umwelt und zersetzt sich dort zu Mikroplastik.
Außerdem sollte man vor allem bei den Inhaltsstoffe von Kosmetika und Reinigungsmittel auf Mikroplastik achten. "Als flüssiger Kunststoff oder in Form kleiner Schleifpartikel, die unsere Haut glatter machen sollen, wird Mikroplastik in unsere Cremes und Peelings gemischt, “ berichtet Sylvia Schaab, die mit ihrer fünfköpfigen Familie plastikfrei lebt.
Bei der Produktkennzeichnung sind Kunststoffe unter der Bezeichnung „Poly“ aufgeführt. Ob in einem Produkt Plastik enthalten ist, zeigen auch diverse App wie beispielsweise „Codecheck“. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland veröffentlicht ebenfalls einen Einkaufsratgeber und eine Liste mit Produkten, in denen immer noch Kunststoffe und Mikroplastik enthalten sind. Eine andere Möglichkeit ist, die Produkte von Naturkosmetikherstellern zu kaufen oder man kann einige Produkte auch selbst herstellen. Eine gute Anlaufstelle für DIY-Rezepte stellt zum Beispiel die Website smarticular.de oder auch der Lifeguide dar.
Wie bereits erwähnt, lösen sich beim Waschen von Kunststoff-Kleidung kleine Fasern ab und gelangen ins Waschwasser. Das kann man verhindern, indem man sie mit den Waschbeutel von Guppyfriend wäscht. Er verringert nicht nur den Faserabbruch und hält Partikel zurück, sondern verliert auch selbst keine Fasern.
„Wer mehr machen möchte, nimmt zum Spazierengehen einfach eine Tüte mit und sammelt herumliegenden Müll auf“, rät Sylvia Schaab. Es gibt aber auch organisierte Müllsammelaktionen wie beispielsweise „Sauber ist in“, an denen man sich beteiligen kann. Des Weiteren gibt es Initiativen wie das Forum Plastikfreies Augsburg, welches die Möglichkeit bietet, sich in monatlichen Stammtischen in Augsburg, Friedberg, Schwabmünchen, Königsbrunn und Thierhaupten mit anderen Menschen über die Reduzierung von Plastik im Alltag auszutauschen. Weitere Informationen und aktuelle Studien lassen sich außerdem auf der Website www.mikroplastik.de finden.
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