15 Fragen an Simone Kunz von glore Augsburg. Die Designerin bietet in der ehemaligen Grottenau-Apotheke ökologisch und fair hergestellte Mode an.
Simone Kunz ist Designerin, liebt die Natur und hat einen sicheren Blick für Mode. Beste Voraussetzungen also, um in Augsburg einen glore-Laden zu eröffnen. In der ehemaligen Grottenau-Apotheke bietet sie ökologisch und fair hergestellte Mode für Damen und Herren an, gutes Design und lange Haltbarkeit inbegriffen.
Ihre Leidenschaft für Ästhetik, Farbe und Formen konnte Simone Kunz bei ihrer Arbeit in großen Werbeagenturen nicht ausreichend ausleben. Gleichzeitig begeisterte glore–Initiator Bernd Hausmann sie für seine Idee, dass es möglich ist, sich von Kopf bis Fuß bio, fair und gut designt einzukleiden. Bezahlbar, versteht sich. Seit September 2016 besitzt sie nun einen von fünf inhabergeführten glore-Läden in Deutschland.
Aus der alten Apotheke hat Simone Kunz einen hellen, luftigen und klar strukturierten Raum gemacht, in dem sie mit sicherer Hand zeitlos klassische und trendorientierte Mode, Accessoires und Lifestyle-Artikel zu einem ästhetischen Ganzen arrangiert. Von schlichten, braunen Lederschuhen über Jeans, Blusen, knuffigen Mützen und bunten Edelstahlflaschen für unterwegs, bis hin zu grünen Socken mit Pilzmuster gibt es hier einfach alles, was das design-affine Öko-Herz begehrt. „Ökologie, Fairness, soziale Standards und Mode - das ist kein Gegensatz! Ich will zeigen, dass das geht! Und es muss in Zukunft noch viel selbstverständlicher zusammengehören“, sagt sie.
Steckbrief:
Name: Simone Kunz
Beruf: Kommunikationsdesignerin und Inhaberin von glore Augsburg
Geboren in: Wertingen
Lebt in: Augsburg
Lieblingsort: überall dort, wo es Schnee, Aussicht und frische Luft gibt. Aber meinen Laden mag ich auch ganz gern :-)
"Ich hätte gerne eine Welt, in der niemand mehr unter unwürdigen Arbeitsbedingungen Jeanshosen oder Handys herstellen muss."
15 Fragen an Simone Kunz von glore Augsburg
Lifeguide: Welche Bedingungen muss ein Pullover, ein Paar Socken oder ein Kleid erfüllen, um in Deinen Laden zu kommen?
Simone Kunz: Also zuerst einmal muss es mir gefallen. Und dann steht ja auf unserem Schaufenster in großen Lettern BIO+FAIR und genau das beschreibt unseren selbst gewählten Standard. Wir finden es wichtig, auf beide Aspekte gleichermaßen einzugehen, denn ein Bio-Shirt mit Hungerlöhnen produzieren zu lassen, ist wenig sinnvoll. Um diesen Standard zu sichern, achten wir bei der Auswahl der Produkte auf die Zertifizierung durch internationale Siegel. Dazu zählen GOTS (Global Organic Textile Standard) sowie die Fair Wear Foundation und Fairtrade.
Dass unsere Mode ökologisch produziert wird, kommt der Natur zugute. Und weil sie fair gehandelt wird, profitieren alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette davon: Vom Baumwollbauern bis zum zufriedenen Kunden, der nachhaltig einkaufen kann und dabei modisch keine Abstriche machen muss. Ich möchte meine Kraft für etwas einsetzen, das in meinen Augen mehr Sinn macht, als nur Geld für die eigene Miete zu erarbeiten.
Wolle, Modal, Leinen, Tencel, recyceltes PET? Gibt es ja alles bei glore. Was ist Dein absolutes Lieblingsmaterial?
Seit ich den Laden eröffnet habe, komme ich mit vielen Kollektionen und Materialen in Kontakt. Mein Eindruck ist, dass es mit der Entwicklung von Fasern wie Tencel, Bambus, Leinen und recyceltem PET ein großes Bestreben gibt, Alternativen zu Baumwolle zu entwickeln. Das ist sicher sinnvoll, denn Baumwolle, kann bei uns nicht regional angebaut werden und ist immer auch sehr wasserintensiv.
Ich bin ich eine große Liebhaberin von Wolle. Es gibt viele junge Labels, wie zum Beispiel das niederländische Label „Elsien Gringhuis“, das unglaublich schöne, feine und modische Kleidungsstücke aus diesem Material herstellt.
Wolle hat viele Vorteile: sie kann regional erzeugt und verarbeitet werden, ist verhältnismäßig energieeffizient, nachwachsend, ökologisch abbaubar, braucht keine Pestizide und ist zudem stark schmutzabweisend. Was der Grund ist, weshalb ich meine Elsien-Gringhuis-Hose überhaupt erst einmal im letzten Jahr gewaschen habe. Aber vor allem fühlt sich Wolle unschlagbar gut an: im Sommer kühlend im Winter wärmend, eine Hose für das ganze Jahr. Nachhaltiger geht´s kaum.
Was hast Du an?
Jetzt gerade? Zuhause immer gerne eine Mütze, für einen warmen Kopf. Momentan die neon-orange-farbene Mütze vom Brand „dedicated“ aus recyceltem PET. Zudem noch fair produziert. Dazu meine schwarze Lieblingsdenim „Skinny Lin“ des schwedischen Labels Nudie Jeans. Das Label ist seit 2009 führendes Mitglied der Fair Wear Foundation. Darunter hab ich ganz oft eines unserer Bambo-Basic-T-Shirts an. Es gibt sie in fünf Farben und sie fühlen sich einfach fantastisch auf der Haut an. Darüber einen Second-Hand-Kaschmir Pullover aus dem VINTYS. Das komplette Outfit liegt unter 150 Euro. like!
Was treibt Dich an, was motiviert Dich?
Ich möchte meine Kraft für etwas einsetzen, dass in meinen Augen mehr Sinn macht, als nur Geld für die eigene Miete zu erarbeiten. Bei meiner Arbeit als Grafikerin lag der Fokus darauf, ein Produkt - unabhängig vom tatsächlichen Wert - gut zu verkaufen. Das war für mich kein ausreichender Antrieb.
Grüne und nachhaltig produzierte Mode ist keine PR- und Marketingstrategie, sondern ein transparentes Gesamtkonzept. Wir von glore sind keine Träumer, die irrealen Zielen nachjagen. Die "glore-Familie" besteht mittlerweile aus sechs inhabergeführte Läden in Deutschland und der Schweiz, die wirtschaftlich arbeiten und ein unternehmerisch tragfähiges Konzept haben. Wir treffen unsere unternehmerischen Entscheidungen immer auch unter nachhaltigen, sozialen und ökologischen Aspekten. Jeder kann dazu mit seiner Kaufentscheidung einen Beitrag leisten.
Wir zeigen damit, dass fair produzierte Mode finanziell erschwinglich sein kann und widerlegen das gängige Vorurteil, faire Löhne in der Textilindustrie wären nicht bezahlbar. Es ist machbar, wenn wir bewusst einkaufen und auf wahllosen Konsum verzichten.
Außerdem kann „Ökomode“ durchaus Spaß machen und hat längst nichts mehr mit den Jutesack-Klischees der vergangenen Jahrzehnte zu tun. Wir wollen nicht moralisieren. Kunden sollen Spaß an Ihren Produkten finden und lange etwas davon haben.
Glore bietet dafür eine Plattform: vom Hipster, über den ökologischen „Überzeugungstäter“ bis hin zum finanziell wenig flexiblen Studenten, der sein Basic T-Shirt für 15 Euro bei uns kaufen kann. Das alles geht. Also keine Ausreden mehr :-)
Was regt Dich auf?
Diese ewig pessimistische und nörgelnde Grundhaltung. Einengende, passive Sichtweisen. Das regt mich auf.
Wir leben nicht in einem perfekten, aber im Vergleich in einem von Wohlstand und Freiheit geprägten Land. Das sind hohe Güter, die uns viele Möglichkeiten bieten. Gesellschaftlich und medial wird diesem Umstand aber meiner Meinung nach zu wenig Beachtung geschenkt.
Im Gegenteil, es scheint, als wären nur schlechte Nachrichten eine Nachricht wert. Dieses allgemeine Gefühl von Schwere, dass dadurch entsteht, schlägt sich im Grundgefühl der Menschen nieder und macht uns als Gesellschaft bewegungslos.Wir können viel erreichen, wenn wir uns nicht nur darauf konzentrieren was noch nicht gut ist und stattdessen in den Focus stellen, was gut ist und die Möglichkeiten erkennen, die sich daraus ergeben. Vom Schönen und Guten gibt´s nämlich auch einiges in dieser Welt.
Das war übrigens eine der schönsten Erfahrungen, seit meinem Umzug nach Augsburg: Unsere Stadt hat viele ideenreiche und umsetzungsstarke Menschen, die sich gesellschaftlich und kulturell einbringen und damit Ihre Stadt gestalten und zu einem schönen Ort machen.
Rock oder Hose?
Beides. Aber nie gleichzeitig.
Was hattest Du als Kind am allerliebsten an?
Das war ein dunkel-lila Samtkleid mit weißem Rüschenkragen und schwarzem Gürtel. Ich denke heute noch, dass es das schönste Kleid der Welt war :-)
Kleidungstechnisch war ich als Kind schon sehr „Mädchen“, wollte immer hübsche Kleider tragen. Meine Mama hat anfänglich noch versucht mir beizubringen, dass man Spitzenkleidchen nicht zum Versteck spielen im Maisfeld oder zum Fußball spielen trägt. Sie hat das dann aber schnell aufgegeben und die Kleider eben geflickt. Danke Mama <3.
Wenn Du eine Zeitreise machen könntest, in welche Mode-Zeit würdest Du reisen?
Wenn wir rein über den ästhetischen Aspekt von Mode sprechen, würde ich sagen, dass ich das JETZT schon ganz gut finde. Ich denke, wir waren noch nie so frei zu tragen, was wir wollen. Wir unterliegen gesellschaftlich kaum mehr äußeren Konventionen und jeder hier kann sich mit Mode so frei ausdrücken wie er möchte - so frei, wie wir uns eben selbst fühlen. Das mag ich.
Was die Rahmenbedingungen in der Textilproduktion angeht, würde ich aber lieber noch 50 Jahre drauflegen. Ich hätte gerne eine Welt, in der niemand mehr unter unwürdigen Arbeitsbedingungen Jeanshosen oder Handys herstellen muss. Der Anteil von ökologisch oder fair produzierter Kleidung weltweit ist verschwindend gering, im deutschen Textilbereich sind es um 1%. Es wird hoffentlich keine 200 Jahre mehr dauern, bis wir bei 100% sind.
Auto, Bus, Bahn, Fahrrad oder zu Fuß?
Auf alle Fälle zu Fuß. Ich liebe Laufen. Durch den Schnee, morgens zur Arbeit, Nachts durch die Stadt, Berge rauf und runter. Ich vermute, dass ist so, weil es sehr meinem inneren Tempo entspricht :-)
Was ist Dein Lieblingsplatz in Augsburg und Umgebung?
Da muss ich schmunzeln... man wird als Kind ja auch oft nach seiner Lieblingsfarbe gefragt... da konnte ich mich schon nie entscheiden. Irgendwann hab ich dann mit „Weiß“ geantwortet, weil das immerhin die Summe aller Farben ist.
Das erklärt vielleicht, warum ich auch nicht diesen einen Lieblingsplatz habe. Ich mag das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, weil es Heimat ist. Den Lech, weil er da durch fließt, die weiten Felder drumherum, den Hofgarten am Abend, weil er einer der ersten Orte war, die ich in Augsburg für mich entdeckt habe, die kleinen Arkadas in der Maximilianstrasse, weil man da oft alleine essen kann und im Fernsehen dazu ARTE ohne Ton läuft. Es geht doch immer eher darum, was man mit den Orten verbindet und da gibt´s einiges.
Was würdest du ändern, wenn du die Macht dazu hättest?
Manche Dinge würde ich schlicht verbieten wollen: Massentierhaltung zum Beispiel. Dann isst jeder eben nur alle zwei Wochen Fleisch und nach ein paar Wochen hätten sich alle daran gewöhnt. Auch „verbietenswert“: Löhne, mit denen niemand ein menschenwürdiges Leben führen kann, sowie die Tatsache, dass Jeder und Alles immer verfügbar sein muss. Was für ein Quatsch. Einfachheit kann unschlagbar schön sein.
Was bedeutet nachhaltig leben für Dich?
Für mich bedeutet nachhaltig leben, vor allem bewusst leben. Klar frage ich mich im Alltag oft „Was und bei wem kauf ich da ein?“ „Brauch ich das wirklich?“ „Auf was kann ich gut verzichten?“ oder „Lieber mal das Licht löschen und die Waschmaschine voll machen“… Auf der anderen Seite liebe ich zum Beispiel heiße Badewannen und Reisen - beides CO2-mäßig eher suboptimal. Ich genieße mein Leben auch und versuche das beizutragen, was ich kann. Keiner macht alles richtig. Das sollte kein Grund sein, gar nichts zu machen. Es geht darum, mit den eigenen Möglichkeiten etwas anzufangen und dann ist es so banal wie wahr: Viele kleine Dinge bewegen viel.
Das ist auch Kern unserer Vision bei glore: Wir sagen nicht „bitte tragt das, weil´s bio+fair ist, sondern trage es, weil es Dir gefällt“. Es muss selbstverständlich werden, dass die Produkte ökologisch und fair hergestellt werden. Der moralische Zeigefinger bringt langfristig nicht viel. In der Zukunft muss man Dinge so gestalten, dass sie gut sind UND sich gut anfühlen.
Was kochst Du, wenn Du Besuch bekommst?
Immer etwas anderes. Das letzte Mal Käsefondue. Daraus wurde dann leider eher Käsesuppe. Wir hatten trotzdem einen ziemlich guten Abend.
Mit welcher bekannten Persönlichkeit würdest du gern mal einen Kaffee oder einen Wein trinken?
Kaffee mit Hans-Christian Schmid - einem meiner Lieblingsregisseure. Wein mit Angela Merkel. Nach ein paar Gläsern würde es vielleicht spannend werden.
Was ist Deine geheime Superkraft?
ich kann super HALLO sagen :-) ... Nein im Ernst, ich denke, dass ich ganz gut darin bin, Kontakt zu Menschen aufzunehmen und Sie auf eine Weise mitzunehmen. Ich mag Menschen und ich hoffe dass sie sich mit mir wohlfühlen. Außerdem kann ich ganz gut „rumpeln“, was im Dialekt meiner Eltern bedeutet, dass ich Alltagsaufgaben gut anpacken und schnell wegarbeiten kann. Beides ist für den Laden ganz praktisch.
Welche Frage hätten wir Dir stellen sollen?
Gerne mehr, aber keine bestimmten. Sich Kennenlernen ist ja im besten Fall ein spannender Prozess und ich finde, dass hier war ein guter Anfang :-)