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Mieten statt Kaufen

Mieten statt Kaufen
Jedes Jahr landen rund eine Millionen Tonnen Textilien in der Altkleidertonne, von denen rund ein Drittel noch im Top-Zustand sind. Das wäre eine Wäscheleine bis zum Mond - mit ungenutzter Kleidung. Wie ihr durch Leihen Ressourcen sparen könnt:
Leihen statt kaufen - das geht auch mit festlicher Kleidung! Foto Pixabay

Rund 90% unserer Kleidung kommt aus Asien, der Großteil wiederum aus China. Zwei Drittel aller chinesischen Seen und Flüsse gelten als verschmutzt. Verletzungen unter den Arbeiter*innen sind keine Seltenheit.

Trotz dieser Tatsachen ist für unseren Konsumrausch kein Ende in Sicht. Im Schnitt kaufen wir uns fünf Kleidungsartikel im Monat, das sind 60 im Jahr und 4,8 Milliarden in ganz Deutschland. In den Jahren 2.000 bis 2.010 haben sich die Kleiderkäufe der Deutschen beinahe verdoppelt. Die ausgegebene Summe jedoch nicht. Laut einer Studie der Clean Clothes Campaign gehen von einem T-Shirt, das 29€ kostet rund 18 Cent an alle Arbeiter*innen, die daran beteiligt waren. Obwohl unsere Kleiderschränke voll sind, tragen wir davon rund 40% selten oder nie.

 

Eine Wäscheleine bis zum Mond - mit ungenutzter Kleidung...

Jedes Jahr landen rund eine Millionen Tonnen Textilien in der Altkleidertonne, von denen rund ein Drittel noch im Top-Zustand sind. Grob in Pullover umgerechnet, wäre das eine Wäscheleine voll mit Kleidung, die in etwa zum Mond reichen würde. Was nicht verkauft oder recycelt werden kann, landet auf Deponien. Dadurch gelangen Chemikalien, die bei der Produktion verwendet wurden, wieder in die Umwelt.

 

Was wäre, wenn jeder von uns mehr ausleihen statt kaufen würde?

Diese Zahlen und Tatsachen sind erschreckend. Dabei würde ein kleiner Schritt schon so viel ändern. Ich habe mir Gedanken gemacht und kam dabei auf folgenden Lösungsansatz: Was wäre, wenn jeder von uns mehr ausleihen statt kaufen würde? Dies muss sich nicht nur auf Kleidung beschränken. Viele Gegenstände, die der Durchschnittsdeutsche besitzt, könnten, anstatt im Schrank zu verstauben, einfach vermietet oder verliehen werden. So müsste weniger hergestellt werden, was wiederum positive Folgen mit sich bringt. Doch wie stellt man das am besten an? Ganz einfach: Mit Hilfe der folgenden, speziell ausgewählten Plattformen. Da es sehr viele Tausch- und Leihbörsen im Internet gibt, stellen wir hier einige Seiten vor, deren Kund*innen am zufriedensten sind und die gutes Feedback erhielten.

Falls ihr weitere Plattformen empfehlen möchtet, mailt unserer Redaktion: redaktion@lifeguide-augsburg.de

 

Mieten und Leihen statt Kaufen – Die Plattformen:

 

Dresscoded

Wer sich das Kaufen von Abendkleidung, die sowieso selten getragen wird, ersparen möchte, ist auf dresscoded.com genau richtig. Dresscoded bietet ein großes Sortiment an Kleidung und Zubehör für viele verschiedene Anlässe. Ganz egal ob für einen Geburtstag, eine Hochzeit oder einen Abschlussball. Selbst Dirndl können dort gemietet werden.
Ablauf: Die Kleider lassen sich ganz einfach online bestellen. Hier hat man die Möglichkeit zwischen normalem und Expressversand zu wählen. Die Kleider werden mit einem roten Sicherheitssiegel geliefert. Sofern das Kleid passt, einfach Siegel abschneiden und anziehen. Wenn das Kleid nicht passt, kann es mit dem unversehrtem Sicherheitssiegel zurückgeschickt werden und die Kunden erhalten ihr Geld. Die gemieteten Kleider dürfen vier Tage behalten werden. Sollte das nicht reichen, kann man sie auch für acht Tage mieten. Der Rückversand ist nach Ablauf der Frist gratis.

Positiv:

  • Sehr große Auswahl für viele Anlässe; die Kleider sind sehr hochwertig (meistens Designerkleidung mit einem Neupreis von mehreren Tausend Euro)
  • einfaches Prinzip; strukturierte Homepage mit allen wichtigen Infos;
  • die Kleider lassen sich online in einer 360° Ansicht anschauen
  • gute Größenauswahl (34-46)
  • es lassen sich zwei Kleider bestellen, wenn man sich wegen der Größe unsicher ist.

Negativ:

  • Größtenteils teure Kleider (ab 125 €)
  • viele Kleider sind oftmals vergriffen
  • keine Herrenmode

Sollte das die persönliche Preisspanne übersteigen, eignet sich folgende Plattform auch prima für Abendkleidung.

 

myonbelle

Für Alltagskleidung eignet sich myonbelle.de besonders gut. Die Seite bietet viele verschiedene Artikel für fast jeden Anlass.
Ablauf: Ab 39 € im Monat wird eine Überraschungsbox mit zwei Kleidungsstücken zugesendet. Diese Kleidungsstücke werden anhand der persönlichen Favoritenliste im Profil ausgewählt. Sollten die zugesendeten Artikel nicht dem Geschmack entsprechen oder sollte die Lust auf die erhaltenen Artikel bereits nach einer Woche verfliegen, kann man das Paket gratis zurücksenden und erhält zwei neue Artikel. Dabei ist es völlig egal, wie viele Überraschungsboxen es im Monat werden. Je nach Abo steigt die Anzahl der in der Box enthaltenen Artikel.

Positiv:

  • große Auswahl
  • einfaches Prinzip 
  • angemessene Preise (Abo ab 39 € im Monat)
  • Kleidung für viele Anlässe (auch Abendkleidung)

Negativ:

  • keine Herrenbekleidung

 

Räubersachen

Wundervolle Kleidung für Kleinkinder bietet raeubersachen.de. Dort gibt es eine große Auswahl an nachhaltigen Klamotten für Babys und Kleinkinder.
Ablauf: Alle Kleider lassen sich ganz einfach online bestellen. Dabei können die Kund*innen wählen, wie gut erhalten die Kleidung ist. Angeboten werden die Varianten Neu, Sehr Gut, Gut oder Räubersachen. Räubersachen ist zwar die "schlechteste" - also auch preiswerteste - Kategorie, aber die Kleidungsstücke sind alles andere als kaputt. Wenn zum Beispiel ein Kleidchen, ein Strampler oder ein Anorak Löcher aufweisen, werden diese liebevoll mit Stickereien restauriert. Diese Kleidung fällt dann unter die Kategorie Räubersachen. Je nach Zustand lassen sich nochmals ein paar Cent sparen. Mieten lassen sich die Klamotten so lange wie nötig. Anfangs werden die Kosten für den ersten Monat berechnet. Sollte man die Kleidung länger oder weniger als einen Monat brauchen, wird tag-genau abgerechnet. Die fristgerechte Rücksendung ist gratis.

Positiv:

  • sehr große Auswahl;
  • gut strukturierte Homepage
  • ausführlicher „Fragen & Antworten“- Bereich
  • faire Preise (teilweise unter 5€ pro Monat)
  • einfach und unkompliziert
  • Kleidung im schlechteren Zustand wird liebevoll aufbereitet
  • nachhaltig produziert

Negativ:

  • nichts

 

Doch nicht nur Kleidung für verschiedene Anlässe lässt sich mieten. Mittlerweile ist es auch möglich, nahezu alle Haushaltsgegenstände zu mieten.

 

Weitere Tipps:

Falls ihr nur eine Bohrmaschine oder ein anderes Werkzeug - etwa für euren Umzug - braucht, eignet sich dafür der Leihservice bekannter Baumärkte besonders gut. Ganz egal ob Hornbach oder Obi, vor Ort kann ganz unverbindlich nachgefragt werden, ob der gewünschte Artikel auch zu verleihen ist, denn meist lohnt sich die Anschaffung einer Bohrmaschine oder eines Teppichreinigungsgerätes kaum.

Insgesamt gibt es sehr viel mehr, als die in diesem Artikel genannten Plattformen. Die Auswahl ist also riesig. Doch auch Ideen wie beispielsweise eine Nachbarschaftskartei, in der eingetragen ist, welcher Nachbar über welches Werkzeug verfügt, sind aktuell im Trend. So ließe sich ganz einfach zwischen Nachbarn selten benutztes Werkzeug austauschen. Oder Kleidertauschpartys mit Freund*innen oder im Stadtviertel. So helft ihr mit, überflüssigem Konsum vorzubeugen, denn nicht alles muss im eigenen Besitz sein.

 

Erstveröffentlichung dieses Artikels im Lifeguide: 10.10. 2019

 

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Mode: Von Kopf bis Fuß bio, fair und gut designt

Mode: Von Kopf bis Fuß bio, fair und gut designt
15 Fragen an Simone Kunz von glore Augsburg. Die Designerin bietet in der ehemaligen Grottenau-Apotheke ökologisch und fair hergestellte Mode an.
Simone Kunz im "Glore" in Augsburg. Sie bietet in ihrem Laden fair gehandelte und ökologisch hergestelle Mode an. Foto: Bernhard Rampf

Simone Kunz ist Designerin, liebt die Natur und hat einen sicheren Blick für Mode. Beste Voraussetzungen also, um in Augsburg einen glore-Laden zu eröffnen. In der ehemaligen Grottenau-Apotheke bietet sie ökologisch und fair hergestellte Mode für Damen und Herren an, gutes Design und lange Haltbarkeit inbegriffen.

 

Ihre Leidenschaft für Ästhetik, Farbe und Formen konnte Simone Kunz bei ihrer Arbeit in großen Werbeagenturen nicht ausreichend ausleben. Gleichzeitig begeisterte glore–Initiator Bernd Hausmann sie für seine Idee, dass es möglich ist, sich von Kopf bis Fuß bio, fair und gut designt einzukleiden. Bezahlbar, versteht sich. Seit September 2016 besitzt sie nun einen von fünf inhabergeführten glore-Läden in Deutschland.

 

Aus der alten Apotheke hat Simone Kunz einen hellen, luftigen und klar strukturierten Raum gemacht, in dem sie mit sicherer Hand zeitlos klassische und trendorientierte Mode, Accessoires und Lifestyle-Artikel zu einem ästhetischen Ganzen arrangiert. Von schlichten, braunen Lederschuhen über Jeans, Blusen, knuffigen Mützen und  bunten Edelstahlflaschen für unterwegs, bis hin zu grünen Socken mit Pilzmuster gibt es hier einfach alles, was das design-affine Öko-Herz begehrt. „Ökologie, Fairness, soziale Standards und Mode - das ist kein Gegensatz! Ich will zeigen, dass das geht! Und es muss in Zukunft noch viel selbstverständlicher zusammengehören“, sagt sie.

 

Steckbrief:
 

Name: Simone Kunz

Beruf: Kommunikationsdesignerin und Inhaberin von glore Augsburg

Geboren in: Wertingen

Lebt in: Augsburg

Lieblingsort: überall dort, wo es Schnee, Aussicht und frische Luft gibt. Aber meinen Laden mag ich auch ganz gern :-)

 

"Ich hätte gerne eine Welt, in der niemand mehr unter unwürdigen Arbeitsbedingungen Jeanshosen oder Handys herstellen muss."

 

15 Fragen an Simone Kunz von glore Augsburg

 

Lifeguide: Welche Bedingungen muss ein Pullover, ein Paar Socken oder ein Kleid erfüllen, um in Deinen Laden zu kommen? 

Simone Kunz: Also zuerst einmal muss es mir gefallen. Und dann steht ja auf unserem Schaufenster in großen Lettern BIO+FAIR und genau das beschreibt unseren selbst gewählten Standard. Wir finden es wichtig, auf beide Aspekte gleichermaßen einzugehen, denn ein Bio-Shirt mit Hungerlöhnen produzieren zu lassen, ist wenig sinnvoll. Um diesen Standard zu sichern, achten wir bei der Auswahl der Produkte auf die Zertifizierung durch internationale Siegel. Dazu zählen GOTS (Global Organic Textile Standard) sowie die Fair Wear Foundation und Fairtrade.

 

Dass unsere Mode ökologisch produziert wird, kommt der Natur zugute. Und weil sie fair gehandelt wird, profitieren alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette davon: Vom Baumwollbauern bis zum zufriedenen Kunden, der nachhaltig einkaufen kann und dabei modisch keine Abstriche machen muss. Ich möchte meine Kraft für etwas einsetzen, das in meinen Augen mehr Sinn macht, als nur Geld für die eigene Miete zu erarbeiten.

 

Wolle, Modal, Leinen, Tencel, recyceltes PET? Gibt es ja alles bei glore. Was ist Dein absolutes Lieblingsmaterial?
Seit ich den Laden eröffnet habe, komme ich mit vielen Kollektionen und Materialen in Kontakt. Mein Eindruck ist, dass es mit der Entwicklung von Fasern wie Tencel, Bambus, Leinen und recyceltem PET ein großes Bestreben gibt, Alternativen zu Baumwolle zu entwickeln. Das ist sicher sinnvoll, denn Baumwolle, kann bei uns nicht regional angebaut werden und ist immer auch sehr wasserintensiv.

 

Ich bin ich eine große Liebhaberin von Wolle. Es gibt viele junge Labels, wie zum Beispiel das niederländische Label „Elsien Gringhuis“, das unglaublich schöne, feine und modische Kleidungsstücke aus diesem Material herstellt.

 

Wolle hat viele Vorteile: sie kann regional erzeugt und verarbeitet werden, ist verhältnismäßig energieeffizient, nachwachsend, ökologisch abbaubar, braucht keine Pestizide und ist zudem stark schmutzabweisend. Was der Grund ist, weshalb ich meine Elsien-Gringhuis-Hose überhaupt erst einmal im letzten Jahr gewaschen habe.  Aber vor allem fühlt sich Wolle unschlagbar gut an: im Sommer kühlend im Winter wärmend, eine Hose für das ganze Jahr. Nachhaltiger geht´s kaum.

 

Was hast Du an?
Jetzt gerade? Zuhause immer gerne eine Mütze, für einen warmen Kopf. Momentan die neon-orange-farbene Mütze vom Brand „dedicated“ aus recyceltem PET. Zudem noch fair produziert. Dazu meine schwarze Lieblingsdenim „Skinny Lin“ des schwedischen Labels Nudie Jeans. Das Label ist seit 2009 führendes Mitglied der Fair Wear Foundation. Darunter hab ich ganz oft eines unserer Bambo-Basic-T-Shirts an. Es gibt sie in fünf Farben und sie fühlen sich einfach fantastisch auf der Haut an. Darüber einen Second-Hand-Kaschmir Pullover aus dem VINTYS. Das komplette Outfit liegt unter 150 Euro. like!

 

Was treibt Dich an, was motiviert Dich?
Ich möchte meine Kraft für etwas einsetzen, dass in meinen Augen mehr Sinn macht, als nur Geld für die eigene Miete zu erarbeiten. Bei meiner Arbeit als Grafikerin lag der Fokus darauf, ein Produkt - unabhängig vom tatsächlichen Wert - gut zu verkaufen. Das war für mich kein ausreichender Antrieb.

 

Grüne und nachhaltig produzierte Mode ist keine PR- und Marketingstrategie, sondern ein transparentes Gesamtkonzept. Wir von glore sind keine Träumer, die irrealen Zielen nachjagen. Die "glore-Familie" besteht mittlerweile aus sechs inhabergeführte Läden in Deutschland und der Schweiz, die wirtschaftlich arbeiten und ein unternehmerisch tragfähiges Konzept haben. Wir treffen unsere unternehmerischen Entscheidungen immer auch unter nachhaltigen, sozialen und ökologischen Aspekten. Jeder kann dazu mit seiner Kaufentscheidung einen Beitrag leisten.

 

Wir zeigen damit, dass fair produzierte Mode finanziell erschwinglich sein kann und widerlegen das gängige Vorurteil, faire Löhne in der Textilindustrie wären nicht bezahlbar. Es ist machbar, wenn wir bewusst einkaufen und auf wahllosen Konsum verzichten.

 

Außerdem kann „Ökomode“ durchaus Spaß machen und hat längst nichts mehr mit den Jutesack-Klischees der vergangenen Jahrzehnte zu tun. Wir wollen nicht moralisieren. Kunden sollen Spaß an Ihren Produkten finden und lange etwas davon haben.

Glore bietet dafür eine Plattform: vom Hipster, über den ökologischen „Überzeugungstäter“ bis hin zum finanziell wenig flexiblen Studenten, der sein Basic T-Shirt für 15 Euro bei uns kaufen kann. Das alles geht. Also keine Ausreden mehr :-)

Was regt Dich auf?
Diese ewig pessimistische und nörgelnde Grundhaltung. Einengende, passive Sichtweisen. Das regt mich auf.

Wir leben nicht in einem perfekten, aber im Vergleich in einem von Wohlstand und Freiheit geprägten Land. Das sind hohe Güter, die uns viele Möglichkeiten bieten. Gesellschaftlich und medial wird diesem Umstand aber meiner Meinung nach zu wenig Beachtung geschenkt.

Im Gegenteil, es scheint, als wären nur schlechte Nachrichten eine Nachricht wert. Dieses allgemeine Gefühl von Schwere, dass dadurch entsteht, schlägt sich im Grundgefühl der Menschen nieder und macht uns als Gesellschaft bewegungslos.Wir können viel erreichen, wenn wir uns nicht nur darauf konzentrieren was noch nicht gut ist und stattdessen in den Focus stellen, was gut ist und die Möglichkeiten erkennen, die sich daraus ergeben. Vom Schönen und Guten gibt´s nämlich auch einiges in dieser Welt.

Das war übrigens eine der schönsten Erfahrungen, seit meinem Umzug nach Augsburg: Unsere Stadt hat viele ideenreiche und umsetzungsstarke Menschen,  die sich gesellschaftlich und kulturell einbringen und damit Ihre Stadt gestalten und zu einem schönen Ort machen.

 

Rock oder Hose?
Beides. Aber nie gleichzeitig.

 

Was hattest Du als Kind am allerliebsten an?
Das war ein dunkel-lila Samtkleid mit weißem Rüschenkragen und schwarzem Gürtel. Ich denke heute noch, dass es das schönste Kleid der Welt war :-)

Kleidungstechnisch war ich als Kind schon sehr „Mädchen“, wollte immer hübsche Kleider tragen. Meine Mama hat anfänglich noch versucht mir beizubringen, dass man Spitzenkleidchen nicht zum Versteck spielen im Maisfeld oder zum Fußball spielen trägt. Sie hat das dann aber schnell aufgegeben und die Kleider eben geflickt. Danke Mama <3.

 

Wenn Du eine Zeitreise machen könntest, in welche Mode-Zeit würdest Du reisen?

Wenn wir rein über den ästhetischen Aspekt von Mode sprechen, würde ich sagen, dass ich das JETZT schon ganz gut finde. Ich denke, wir waren noch nie so frei zu tragen, was wir wollen. Wir unterliegen gesellschaftlich kaum mehr äußeren Konventionen und jeder hier kann sich mit Mode so frei ausdrücken wie er möchte - so frei, wie wir uns eben selbst fühlen. Das mag ich.

 

Was die Rahmenbedingungen in der Textilproduktion angeht, würde ich aber lieber noch 50 Jahre drauflegen. Ich hätte gerne eine Welt, in der niemand mehr unter unwürdigen Arbeitsbedingungen Jeanshosen oder Handys herstellen muss. Der Anteil von ökologisch oder fair produzierter Kleidung weltweit ist verschwindend gering, im deutschen Textilbereich sind es um 1%. Es wird hoffentlich keine 200 Jahre mehr dauern, bis wir bei 100% sind.

 

Auto, Bus, Bahn, Fahrrad oder zu Fuß?
Auf alle Fälle zu Fuß. Ich liebe Laufen. Durch den Schnee, morgens zur Arbeit, Nachts durch die Stadt, Berge rauf und runter. Ich vermute, dass ist so, weil es sehr meinem inneren Tempo entspricht :-)

 

Was ist Dein Lieblingsplatz in Augsburg und Umgebung?
Da muss ich schmunzeln... man wird als Kind ja auch oft nach seiner Lieblingsfarbe gefragt... da konnte ich mich schon nie entscheiden. Irgendwann hab ich dann mit „Weiß“ geantwortet, weil das immerhin die Summe aller Farben ist.

 

Das erklärt vielleicht, warum ich auch nicht diesen einen Lieblingsplatz habe. Ich mag das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, weil es Heimat ist. Den Lech, weil er da durch fließt, die weiten Felder drumherum, den Hofgarten am Abend, weil er einer der ersten Orte war, die ich in Augsburg für mich entdeckt habe, die kleinen Arkadas in der Maximilianstrasse, weil man da oft alleine essen kann und im Fernsehen dazu ARTE ohne Ton läuft. Es geht doch immer eher darum, was man mit den Orten verbindet und da gibt´s einiges.

 

Was würdest du ändern, wenn du die Macht dazu hättest?

Manche Dinge würde ich schlicht verbieten wollen: Massentierhaltung zum Beispiel. Dann isst jeder eben nur alle zwei Wochen Fleisch und nach ein paar Wochen hätten sich alle daran gewöhnt. Auch „verbietenswert“: Löhne, mit denen niemand ein menschenwürdiges Leben führen kann, sowie die Tatsache, dass Jeder und Alles immer verfügbar sein muss. Was für ein Quatsch. Einfachheit kann unschlagbar schön sein.

 

Was bedeutet nachhaltig leben für Dich?
Für mich bedeutet nachhaltig leben, vor allem bewusst leben. Klar frage ich mich im Alltag oft „Was und bei wem kauf ich da ein?“ „Brauch ich das wirklich?“ „Auf was kann ich gut verzichten?“ oder „Lieber mal das Licht löschen und die Waschmaschine voll machen“… Auf der anderen Seite liebe ich zum Beispiel heiße Badewannen und Reisen - beides CO2-mäßig eher suboptimal. Ich genieße mein Leben auch und versuche das beizutragen, was ich kann. Keiner macht alles richtig. Das sollte kein Grund sein, gar nichts zu machen. Es geht darum, mit den eigenen Möglichkeiten etwas anzufangen und dann ist es so banal wie wahr: Viele kleine Dinge bewegen viel.

Das ist auch Kern unserer Vision bei glore: Wir sagen nicht „bitte tragt das, weil´s bio+fair ist, sondern trage es, weil es Dir gefällt“. Es muss selbstverständlich werden, dass die Produkte ökologisch und fair hergestellt werden. Der moralische Zeigefinger bringt langfristig nicht viel. In der Zukunft muss man Dinge so gestalten, dass sie gut sind UND sich gut anfühlen.

 

Was kochst Du, wenn Du Besuch bekommst?
Immer etwas anderes. Das letzte Mal Käsefondue. Daraus wurde dann leider eher Käsesuppe. Wir hatten trotzdem einen ziemlich guten Abend.

 

Mit welcher bekannten Persönlichkeit würdest du gern mal einen Kaffee oder einen Wein trinken?
Kaffee mit Hans-Christian Schmid - einem meiner Lieblingsregisseure. Wein mit Angela Merkel. Nach ein paar Gläsern würde es vielleicht spannend werden.

 

Was ist Deine geheime Superkraft?
ich kann super HALLO sagen :-) ... Nein im Ernst, ich denke, dass ich ganz gut darin bin, Kontakt zu Menschen aufzunehmen und Sie auf eine Weise mitzunehmen. Ich mag Menschen und ich hoffe dass sie sich mit mir wohlfühlen. Außerdem kann ich ganz gut „rumpeln“, was im Dialekt meiner Eltern bedeutet, dass ich Alltagsaufgaben gut anpacken und schnell wegarbeiten kann. Beides ist für den Laden ganz praktisch.

 

Welche Frage hätten wir Dir stellen sollen?
Gerne mehr, aber keine bestimmten. Sich Kennenlernen ist ja im besten Fall ein spannender Prozess und ich finde, dass hier war ein guter Anfang :-)

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Life Tree: Ein Baum, zwei Gründer und eine Idee

Life Tree: Ein Baum, zwei Gründer und eine Idee
Made in Augsburg: Nachhaltige Mode von Martin Benedek und Manuel Sanktjohanser
Life Tree, Made in Augsburg,

Martin Benedek und Manuel Sanktjohanser sind zwei, die sich aktiv gegen schlechte Arbeitsbedingungen und ökologische Probleme bei der Herstellung von Kleidung einsetzen. 2009 haben die beiden das Modelabel Life Tree gegründet.

Der Name „Life Tree“ ist dabei Programm: Martin ist Künstler und zeichnet Bäume in allen Variationen. Diese individuellen Motive, von denen jedes seinen eigenen Charakter hat, zieren anschließend ihre Produkte: kreativ bedruckten T-Shirts, klassische Hoodies und schlichte Rucksäcke. Ein guter Freund gab ihnen damals den Rat, die gezeichneten Bäume doch auf T-Shirts zu drucken. „Das war anfangs so, als würde man einen Limonadenstand im Gewerbegebiet aufmachen“, erinnert sich Manuel. „Wir hatten zwar eine Idee, aber keinen Plan“. Wenn man die beiden heute in ihrem Ladengeschäft im Oberen Graben 15 besucht, zeigt sich allerdings vor allem eins: Manchmal funktioniert’s auch ohne Plan!

Das war anfangs so, als würde man einen Limonadenstand im Gewerbegebiet aufmachen. Wir hatten zwar eine Idee, aber keinen Plan." Manuel Sanktjohanser, Life Tree

 „Wir sind nicht die klassischen Gründer“

In dem Geschäft mit der großen Fensterfront wird man von einem kleinen Birkenwald empfangen. Statt auf herkömmlichen Kleiderständern, findet man die Life-Tree-Kollektion auf Baumstämmen und Ästen. Martin sitzt am Schreibtisch in der Ecke und zeichnet die Baummotive, die später ihre Produkte zieren werden. Manuel kümmert sich derweil um die Kundinnen und Kunden. Er spricht begeistert über die fair produzierten Bio-Baumwollshirts. „Das ist einfach gute Qualität! Unsere T-Shirts halten lange und das merken die Kunden auch, sonst würden sie ja nicht wiederkommen“.
Vor fünf Jahren haben sie die ersten T-Shirts auf Festivals und Märkten verkauft. Vor allem auf dem Münchner Tollwood-Festival formte sich eine treue Stammkundschaft. Im Oktober 2017 eröffneten sie dann Ihren Laden in Augsburg. Der Weg bis dahin war nicht immer ganz einfach. Die zwei würden sich nicht als die klassischen Gründer bezeichnen. „Unsere größte Hürde bisher?“ überlegt Martin. „Die Frage: wie verkauft man denn eigentlich T-Shirts?“ Beide waren und sind nebenher noch im sozialen Bereich beschäftigt. Manuel arbeitet als Heilerziehungspfleger und Martin an einer Kunstakademie. Nach eigenen Angaben hatten sie anfangs keine Ahnung von Marketing oder Produktplatzierung. „Der beste Weg für uns war deshalb der direkte Kontakt zu den Kunden auf den Märkten.“ Und damit hatte sie vollen Erfolg.

 

Fair, bio und gute Qualität

Die unbedruckten Textilien beziehen Martin und Manuel in geringen Stückzahlen bei anerkannten Fairtrade-Händlern. In der Textilbranche gibt es ein riesiges Angebot an den unterschiedlichsten Materialien, so Manuel. „Aber Fair & Bio ist meistens kombiniert mit guter Qualität. Da mussten wir nicht zweimal nachdenken“. Die beiden Geschäftsführer bieten ihren Kunden hochwertige Kleidung aus Bio-Baumwolle, Hanf aber auch aus Mischgewebe an. Das besteht dann zum Teil aus Biobaumwolle, zum Teil aus Bambus, Tencel oder Modal, das ist eine Viskosefaser, die aus dem Rohstoff Holz gewonnen wird. Alle Textilien beachten dabei den Verhaltenskodex der Fair Wear Foundation. Diese unabhängige, nicht-gewinnorientierte Organisation prüft ob in den Fabriken faire Arbeitsbedingungen herrschen, faire Löhne gezahlt werden und Arbeitnehmerrechte eingehalten werden. Außerdem zertifizieren sie keinen Betrieb, in dem Kinder arbeiten.

Du siehst hier keine Leute rausrennen mit riesigen Tüten wie bei H&M. Unsere Kunden kommen hierher und dann kaufen sie ganz bewusst etwas.“ Martin Benedek und Manuel Sanktjohanser, LifeTree

Veredelt wird in der Region

Alle Veredelungsprozesse finden in der Region Augsburg statt. In Augsburg selbst entwirft und zeichnet Martin die Life-Tree Bäume. In Königsbrunn, Graben und Steppach bedrucken kleine Unternehmen die T-Shirts und Pullover mit den Baummotiven. „Uns war es wichtig, einen Teilschritt der Produktion direkt mitbegleiten zu können.“

Unter Nachhaltigkeit verstehen die beiden Gründer des Modelabels aber nicht nur die ökologischen und sozialen Standards ihrer Produkte. Auch die Art, wie sie verkaufen, ist ihrer Meinung nach nachhaltig. „Du siehst hier keine Leute rausrennen mit riesigen Tüten wie bei H&M. Unsere Kunden kommen hierher und dann kaufen sie ganz bewusst etwas“. Martin und Manuel produzieren nur in kleinen Stückzahlen und wollen kein Wegwerfprodukt anbieten. Aufgrund der guten Qualität und der Langlebigkeit der Produkte kaufen die Leute geringere Mengen und weniger häufig. Das fördert einen bewussten Konsum. Laut einer Studie von Greenpeace im Jahr 2015 wird jedes fünfte Kleidungsstück in Deutschlands Schränken nicht getragen.
Die einfache und nachhaltige Lösung hierfür findet sich im Birkenwald von Martin und Manuel und in zahlreichen anderen nachhaltigen Modegeschäften in Augsburg oder im Second-Hand-Laden um die Ecke: Statt zwei Billig-Shirt zu kaufen, sollte man oder frau lieber einen neuen Lieblingspullover aus Hanf anschaffen: Die Ausgaben bleiben gleich, doch die Freude beim Tragen wird verdoppelt.

 

Hier geht’s zum nachhaltigen Shopping-Rundgang durch Augsburg.

 

Die Autorinnen:

      

Melanie Stahr                                      Elena Wenninger

Melanie Stahr und Elena Wenninger studieren Geographie an der Universität Augsburg. Elena Wenninger beschäftigt sich unter anderem mit lokalen Konsum-Mustern und deren globalen Auswirkungen. Für Melanie Stahr bedeutet Nachhaltigkeit im alltäglichen Leben nicht nur an sich selbst zu denken, sondern auch an die Konsequenzen für Mitmenschen und Umwelt.

 

Wie können Wissenschaft und Gesellschaft voneinander profitieren?

Dieser Artikel entstand im Rahmen des ersten Lifeguide-Seminares an der Universität Augsburg, das unsere Redakteurinnen Cynthia Matuszewski und Sylvia Schaab im Wintersemester 2017/ 2018 im Fachbereich Geographie anboten.
Die Kernfrage lautete: Wie können Wissenschaft und Gesellschaft voneinander profitieren? Indem sie so oft wie möglich miteinander sprechen und sich austauschen. Indem also beispielsweise junge Wissenschaftler*innen in allgemein verständlicher Sprache von ihren Forschungsprojekten, ihren Forschungsfragen oder ihren Zukunftsmodellen berichten. Im Laufe des Seminars wurde über Verständlichkeit gesprochen, über Recherche, Gegenrecherche, Überschriften, Teaser, Fotos und vieles mehr. „Das war eine inspirierende Zeit für uns von der Lifeguide-Redaktion mit sehr engagierten Studentinnen und Studenten des Fachbereichs Geographie. Es hat Spaß gemacht, mit ihnen in einer Uni-Redaktion zusammenzuarbeiten!“, berichten Cynthia Matuszewski und Sylvia Schaab. Am Ende dieser vielversprechenden Zusammenarbeit lagen dem Lifeguide im Februar 2018 insgesamt 11 neue Artikel vor. Sie werden im Laufe des Jahres 2018 und 2019 veröffentlicht. Wir freuen uns darauf.

 

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Ich mache alle Bekleidungs-Wünsche wahr

Ich mache alle Bekleidungs-Wünsche wahr
Die Schneidermeisterin Margit Hummel aus Friedberg bei Augsburg arbeitet in einem Familienbetrieb mit 300-jähriger Tradition.
Margit Hummel, Friedberg, Schneidermeisterin, Maßschneiderin, Foto: Sabine Roth

Margit Hummel wurden "Nadel und Faden" in die Wiege gelegt, die Schneiderei ist seit 300 Jahren Familientradition. Sie selbst ist seit 30 Jahren Schneidermeisterin in Friedberg. Ihren Meisterbrief hielt sie am 1. März 1988 stolz in den Händen. Bereits einen Monat später verwirklichte sie sich den Traum von ihrer eigenen Schneiderwerkstatt in Hochzoll. Als Mutter von zwei kleinen Kindern startete sie zunächst in ihrem eigenen Haus. Nach fünf Jahren zog sie mit ihrer Werkstatt nach Friedberg um. Allein konnte sie die Arbeit irgendwann nicht mehr stemmen, deshalb ist ihr Meisterbetrieb nach und nach gewachsen.

 

Seit drei Jahren ein eigenes Ladengeschäft mit Werkstatt

Inzwischen beschäftigt sie zwei Auszubildende, eine Praktikantin und eine Gesellin. Vor drei Jahren bot sich dann die Gelegenheit, in größere Räumlichkeiten zu ziehen: in den früheren Modeladen in der Aichacher Straße 1. Vorn ist das Ladengeschäft und im hinteren Bereich befindet sich die Werkstatt. Von der hochwertigen Kleidung für Mann und Frau bis zum Hochzeitsoutfit wird dort alles individuell auf den Leib geschneidert.

 

Seit 300 Jahren individuelle Fertigung

Die Meisterin legt viel Wert auf exklusive Stoffe und eine kompetente Beratung. Auch heute noch wird alles individuell gefertigt. „Ich arbeite noch nach alten bewährten Fertigungstechniken und versuche, die Wünsche meiner Kunden umzusetzen“, sagt Hummel. Ihr Schwerpunkt liegt auf Trachten und historischer Kleidung aller Art. Auch Reparaturen und Änderungen werden ausgeführt. Wer sich lieber selbst sein Outfit schneidern möchte, bei Margit Hummel gibt es auch Nähkurse, wo sie ihr Wissen sehr gerne weitergibt. Sehr stolz ist die Schneidermeisterin darauf, dass eine Reihe prominenter Personen aus dem Adel, der Politik und der Wirtschaft sich nicht nur maßgeschneiderte Dirndl und Trachtenanzüge bei ihr anfertigen lassen, sondern auch klassische Abendgarderobe oder Brautkleider. „Ich mache alle Bekleidungs-Wünsche wahr!“, freut sich Hummel.

Website: https://trachtenschneider.wordpress.com/

pm/cm

 

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